Die Stimmung auf den Weihnachtsmärkten landauf, landab ist getrübt. Ohne die bekannten Weihnachtsschlager ist es eben nur halb so schön. Dank höherer Gema-Gebühren bleiben die Live-Bühnen oft leer. Ein Glosse von Gerd-Matthias Hoeffchen
Stell dir vor: Du stehst am Bratwurststand, summst „Last Christmas“ vor dich hin. Plötzlich kommt ein Kontrolleur um die Ecke. „Ha!“, ruft er und zeigt mit dem Finger auf dich, „Musik! Bekannter Schlager!“ Und wendet sich dann an den Standbetreiber und will 600 Euro Lizenzgebühr von dem – pro Tag.
Die Geschichte mag gnadenlos überspitzt sein. Aber sie gibt die Stimmung wieder, die derzeit auf Weihnachtsmärkten bei den Veranstaltern herrscht. Denn die sollen nun viel, viel höhere Gebühren als bisher an die Gema zahlen – die Gesellschaft, die über die Lizenzzahlungen für Urheberrechte wacht. Zu diesen Urheber-Werken zählen die bekannten Weihnachtsschlager, die Jahr für Jahr um Bratwurstbude und Glühweinstand wehen. Bezahlen müssen in aller Regel die Veranstalter, auch wenn die das manchmal an die Standbetreiber weiterreichen. Die Folge: Viele Weihnachtsmärkte wollen auf die gewohnten Lieder verzichten.
Das Aus für Live-Bands, Chöre und Kapellen
Nun könnte man frohlocken: Endlich! Kein Weihnachts-Gedudel mehr! Aber so gnädig ist das Schicksal nicht. Die höheren Gebühren beziehen sich ausdrücklich auf live dargebotene Musik. Also auf Bands, Kapellen, Chöre. Musik von CD oder aus dem Internet kostet dagegen deutlich weniger Gebühr und wird bleiben. Das macht es noch schlimmer.
Denn: „White Christmas“, „Last Christmas“, „All I Want for Christmas Is You“ – versprühen diese unkaputtbaren Wiedergänger der deutschen Leidkultur noch einen gewissen Charme, wenn sie live vorgetragen werden, auf der Bühne, von Menschen aus Fleisch und Blut, so sind sie als Beschallung aus der Konserve nur noch die Geißel der Vorweihnachtszeit.
Deshalb ein Hinweis: Ein Musikwerk wird 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers linzenzfrei; es ist dann von Gema-Lizenzen befreit. Na, klingelt’s? Es ist ganz einfach. Singt: „Stille Nacht“, „O du fröhliche“, „Tochter Zion“. Die schönen, alten Lieder. Die kosten null Gebühr. Und kein Kontrolleur darf einschreiten.