Ein neues SPD-Manifest, in dem Parteimitglieder eine bessere diplomatische Zusammenarbeit mit Russland fordern, steht in der Kritik. Auch der Direktor der Deutschen Stiftung Friedensforschung findet scharfe Worte.
Der Friedens- und Konfliktforscher Ulrich Schneckener hat das SPD-Manifest, in dem einige Parteimitglieder eine Abkehr von der Aufrüstungspolitik und diplomatische Gespräche mit Russland fordern, scharf kritisiert. Die Autorinnen und Autoren des Papiers “haben auch nach drei Jahren Krieg gegen die Ukraine weder den Charakter von Putins Regime noch den Charakter des Angriffs-, Eroberungs- und Russifizierungskrieges begriffen”, sagte der Direktor der Deutschen Stiftung Friedensforschung am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Osnabrück.
Niemand lehne ernsthafte Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin ab, außer dieser selbst, so Schneckener: “Putin beharrt auf Maximalforderungen oder tischt neue Forderungen auf.” Er spiele dabei auf Zeit – “er hält einerseits rhetorisch die ‘Friedenstaste’ gedrückt, was hierzulande reflexartig ‘Friedensfreunde’ sämtlicher Schattierungen auf den Plan ruft, führt aber gleichzeitig den Krieg verstärkt fort”, sagte der Professor an der Universität Osnabrück.
Solange Putin am Ruder sei, müsse als außenpolitische Marschroute “leider eine Sicherheitsordnung in Europa nicht nur ohne, sondern gegen Russland entwickelt werden”. Das sei mit enormen Kosten und Risiken verbunden, über die in der Gesellschaft offen diskutiert werden müsse.
Schneckener vermisst in dem Papier eine selbstkritische Auseinandersetzung mit der “sozialdemokratisch geprägten, aber brachial gescheiterten deutschen Sicherheits- und Russlandpolitik, die mit Blick auf Putin zu lange einer gefährlichen Selbsttäuschung unterlegen war”.
Im Gegensatz dazu werde im Manifest von einer Rückkehr zu einem friedenspolitischen “Status quo ante” geträumt, der laut Schneckener so nicht existierte und dessen Konzeption spätestens seit dem 24.2.2022 – dem Tag des Kriegsbeginns – die Grundlage entzogen wurde. “Im Papier steht ‘Heute leben wir leider in einer anderen Welt’. Es wäre gut gewesen, wenn die Autorinnen und Autoren diesen Satz wirklich ernstgenommen hätten.”
Das außenpolitische Manifest ist auch in der SPD selbst umstritten. Parteichef Lars Klingbeil erklärte, er teile die Meinung der Autoren nicht. Zu den Unterzeichnern des Manifests gehören unter anderem bekannte SPD-Köpfe wie Rolf Mützenich, Norbert Walter-Borjans, Ralf Stegner, Hans Eichel und Gernot Erler.