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Frauenberaterin wünscht sich mehr Solidarität von Männern

Im Kampf gegen Frauenfeindlichkeit und Gewalt wünscht sich die Geschäftsführerin der Frauenberatung Nürnberg, Sabine Böhm-Burmann, mehr Solidarität von Männern. „Es wäre der absolute Königsweg, wenn Männer in größerer Zahl und mit Mut ihren Geschlechtsgenossen bei sexistischen Scherzen oder Ähnlichem sagen, dass sie das nicht lustig finden“, sagte die Soziologin dem Evangelischen Pressedienst (epd) zum internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25. November. Es habe sehr viel mehr Wirkung, wenn dies ein Mann – statt eine Frau – zu einem anderen Mann sage. Eine Frau könne schnell als empfindlich oder hysterisch abgestempelt werden.

Sie bekomme aber auch gespiegelt, dass Männer, die sich für Frauen einsetzen, selbst immer wieder Spott und übelste Beschimpfungen einstecken müssten, sagte die Beraterin. Vielen werde dann erst klar, wie tief der Frauenhass bei manchen sitze. Das zeigt auch eine aktuelle Studie des Bundeskriminalamts. Demnach haben Straftaten gegen Frauen und Mädchen in allen Bereichen im Vergleich zu den Vorjahren zugenommen. Es wurden mehr Tötungen von Frauen erfasst, mehr Fälle von häuslicher Gewalt und mehr Sexualstraftaten.

„Das ist ja nur die Spitze des Eisbergs“, sagte Böhm-Burmann. Viele Straftaten würden gar nicht angezeigt. Außerdem würden die wenigsten Fälle vor Gericht verhandelt. 80 Prozent der Klientinnen, die zur Frauenberatung Nürnberg kommen, würden sich gegen eine Anzeige von Gewaltdelikten entscheiden. Das liege auch daran, dass Frauen immer wieder gesagt werde, „das, was du da erlitten hast, hat nicht genug öffentliches Interesse, um angeklagt zu werden“. „Deshalb ist eine Anzeige für viele von Anfang an kein Thema“, weiß Böhm-Burmann.

In der Beratungsstelle nehme sie wahr, dass die häusliche Gewalt in den vergangenen Jahren immer brutaler werde. „Es gibt ein höheres Verletzungsrisiko, eine sehr viel schnellere Eskalation.“ Dass die Gewalt gegenüber Frauen und Mädchen zunehme, liege am gesellschaftlichen Klima. „Wenn die Suche nach Schuldigen beginnt, dann sind Frauen genauso wie andere marginalisierte Gruppen sehr schnell im Fokus.“ Aktuell herrsche die Wahrnehmung, dass Frauen im Übermaß gefördert und Männer etwas verlieren würden. „Das ist natürlich Schwachsinn, aber dieses vor allem rechte Narrativ verbreitet sich immer wieder“, sagt die Soziologin. „Und das spiegelt sich auch in privaten Beziehungen wider. Wir sehen immer wieder Männer, die Frauen die Schuld für alles geben, was bei ihnen schiefläuft.“

Gegen diese Entwicklung helfe nur Aufklärung, am besten schon in Kindergärten und Schulen. „Damit sie früh lernen, was die tatsächlichen Machtverhältnisse sind und dass, wenn ich jemandem etwas gebe oder jemanden fördere, mir nichts weggenommen wird.“ Auch in die Öffentlichkeit müsse dieses Thema immer wieder getragen werden. Am 25. November ist die Frauenberatung beispielsweise dabei, wenn der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Mittelfranken vor dem Gewerkschaftshaus in Nürnberg eine orange Bank enthüllt. Orange ist von den Vereinten Nationen als Farbe des Aktionstages ausgewählt worden. Mit einer Mitmachaktion will der DGB zusammen mit verschiedenen Frauenberatungsorganisationen ab 11.30 Uhr ein Zeichen gegen Gewalt setzen. (00/3698/20.11.2024)