Historisch war die Zeit mal wieder reif gewesen für einen Ordensmann im Papstamt. Und der Jesuit Franziskus wollte das offenbar demnächst fortgesetzt wissen. Denn er hat die Zahl der Ordensleute als Wähler massiv erhöht.
Jorge Mario Bergoglio hat aus seiner Heimat Argentinien viele Superlative für die Papstgeschichte mitgebracht: Er war der erste Lateinamerikaner, der erste Argentinier, der erste Papst mit dem Namen Franziskus, der erste Jesuit – und nach 167 Jahren der erste Papst, der wieder einem religiösen Orden angehörte.
In historischer Perspektive war die Zeit mal wieder reif für einen Ordensmann gewesen. Der vorige war Gregor XVI. Dieser einzige Kamaldulenser als Nachfolger des heiligen Petrus wurde 1831 gewählt und starb 1846. Danach kam die wahrscheinlich längste Lücke, seit es das abendländische Mönchtum gibt.
Vor Franziskus war kein Jesuit jemals Papst gewesen – auch die Folge eines traditionellen Misstrauens mancher Regierungen gegen die romtreue “Gesellschaft Jesu”, der zugleich immer auch ein massives Verfolgen politischer Eigeninteressen nachgesagt wurde. Bis 1904 genossen einige Regierungen sogar ein Vetorecht gegen Papstkandidaten.
Dabei sind katholische Ordensgemeinschaften “Global Player” – und passen damit sehr gut in das Konzept “Weltkirche”, das das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965) verankert und das die Päpste seitdem konsequent vorangetrieben haben. Die Wahl des Argentiniers Franziskus trug dem 2013 Rechnung.
Zwar befinden sich die meisten religiösen Orden in unseren Breiten fast noch stärker in der Nachwuchskrise als die Riege der Weltpriester. Doch für Lateinamerika, Afrika oder Asien sieht die Lage, zumal in den missionarisch tätigen Gemeinschaften, oft anders – besser – aus.
Und der Jesuiten-Papst hat in seiner zwölfjährigen Amtszeit sehr gründlich aufgerüstet, was Ordensleute im Kardinalskollegium angeht – denn das wählt ja nun bekanntlich seinen Nachfolger. Unter den 135 respektive 133 Wählern im Konklave – zwei haben bereits abgesagt – sind 34 Ordensmänner, also jeder vierte. Das könnte, je nach Kandidat und inhaltlicher Ausrichtung, womöglich eine regelrechte Wählergruppe für einen künftigen Papst sein. Fun Fact: Der erst im Dezember zum Kardinal ernannte Dominikaner Timothy Radcliffe (79) ist der einzige Papstwähler ohne Bischofsweihe.
Zum Zahlenvergleich: Als im März 2013 Franziskus gewählt wurde, waren von 115 Teilnehmern noch 17 Ordensleute, mithin jeder siebte. Und selbst diese Quote von 14,8 Prozent “Ordens-Kardinälen” war schon höher als der Anteil an “Ordenspäpsten” in der Kirchengeschichte: Denn von den bislang 266 regulären Petrus-Nachfolgern kamen maximal 30 aus Ordensgemeinschaften.
Die meisten Päpste stellte dabei der älteste, der Benediktinerorden, der bis 1119 quasi ein Ordensmonopol besaß und es auf insgesamt 10 bis 15 Pontifikate bringt. Sehr genau sind die historischen Quellen darüber freilich nicht. Doch unter den Benediktiner-Päpsten sind so namhafte wie Gregor der Große (590-604; Ordensmitgliedschaft nicht gesichert), Gregor VII. (1073-1085) und Urban II. (1088-1099). Auch ein deutscher Papst folgte ursprünglich dem “Ora et labora” des heiligen Benedikt: Stephan IX. (1057/58).
Die größte Zeit der Ordenspäpste ist zugleich die größte Blütezeit der Orden schlechthin: Im 11. und 12. Jahrhundert kamen insgesamt 13 Päpste aus Männerorden. Auffällig ist allerdings, dass kaum einer der damals tonangebenden Orden heute mehr namhaft im Kardinalskollegium vertreten ist: kein Benediktiner, kein Augustiner-Chorherr (immerhin fünf Päpste), nur ein Zisterzienser – dafür aber mehrere weniger “prominente” wie die Lazaristen, die Scalabrinianer oder die Herz-Jesu-Missionare.