Synode der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) hat am Freitagabend in Hofgeismar eine Selbstverpflichtung zum Umgang mit Missbrauchsfällen verabschiedet. Der Text enthält eine verbindliche Zusage, die Erkenntnisse und Empfehlungen der Forum-Studie zu sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen „intensiv zu studieren, zu diskutieren und im Dialog mit den Betroffenen entschieden zu verfolgen“. Auch kurhessische Kirche habe versagt und „jahrzehntelang nicht auf die Betroffenen und ihr Leid gehört, sondern vor allem die Täter, ihre Familien und das Ansehen unserer Institution im Blick gehabt und falsche Entscheidungen getroffen.“
Für die Landessynode sei es bedrückend und beschämend, das Ausmaß des Versagens zu erkennen. Es müsse alles getan werden, „damit denen, die Gewalt erfahren haben und deren Vertrauen missbraucht wurde, zugehört wird, ihr Leid anerkannt und das Unrecht, das ihnen geschehen ist, klar benannt wird“. Die Kirchensynode forderte zugleich, strukturelle Konsequenzen zu ziehen, zum Beispiel in der Dokumentation von Hinweisen und in der konsequenten Aufarbeitung.
„Die Kirche muss sich an die Seite der Betroffenen stellen“, forderte Matthias Schwarz, Betroffenenvertreter im Beteiligungsforum Sexualisierte Gewalt der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Er wünsche sich dafür eine Kirche, die sich kritisch mit sich selbst auseinandersetze. Die Synodalen rief er auf, das Thema zu enttabuisieren: „Je offener wir darüber reden, desto kleiner wird der Raum für Täter.“
Pfarrerin Sabine Kresse, die der Synode die Studien-Ergebnisse vorstellte, bezeichnete den Kontrast zwischen Taten und Selbstbild der Kirche als beschämend. Zurecht werde kirchlichen Institutionen vorgeworfen, dass sie sich mit der Aufarbeitung schwertäten. Die Kirche habe aber eine Pflicht dazu und die Betroffenen ein Recht darauf, betonte die Leiterin der Fachstelle zum Schutz vor sexualisierter Gewalt in der EKKW.
Kresse fordert einen breiten Diskussionsprozess zum Thema, wie sexualisierte Gewalt unter den speziellen Bedingungen der evangelischen kirchlichen Kultur stattfinden konnte. Die Auswirkungen der Taten und der Umgang damit seien für die Betroffenen schwerwiegend: „Vergebung können wir nicht erwarten.“ Außerdem seien eine transparente interne und öffentliche Kommunikation sowie eine einheitliche Dokumentation und Aktenführung nötig.
Die hat EKKW hat für den Zeitraum zwischen 1946 und 2020 nach eigenen Angaben 76 Betroffene und 34 Täter und Beschuldigte für die Forum-Studie gemeldet, darunter überwiegend Pfarrer. Dafür seien Disziplinarakten sowie alle Personalakten von aktiven Pfarrerinnen und Pfarrern untersucht und die Fallzahlen übermittelt worden.
Die Landessynode tagt noch bis Samstag, 27. April, in der Evangelischen Tagungsstätte in Hofgeismar und wird sich unter anderem mit Klimaschutz beschäftigen.