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Forscher: Viele Betroffene von SED-Unrecht psychisch erkrankt

In der DDR gerieten viele Menschen schnell in das Visier der Stasi: Oppositionelle, Homosexuelle oder kirchlich Engagierte wurden beobachtet. Unter den Folgen leiden viele bis heute.

Depressionen, Angsterkrankungen, posttraumatische Belastungsstörungen: Viele Betroffene von SED-Unrecht leiden nach Erkenntnissen von Carsten Spitzer unter psychischen Erkrankungen. Es habe auch Fälle von Suizid gegeben, sagte der Rostocker Psychiater im Interview der Zeitschrift “Psychologie Heute” (Oktober-Ausgabe). Er hat ein Projekt des Forschungsverbundes “Gesundheitliche Langzeitfolgen von SED-Unrecht” geleitet.

Relativ viele Teilnehmende der Studie seien froh gewesen, dass jemand wissenschaftliches Interesse an ihrem Schicksal zeigte, so Spitzer. “Für viele war es eine Form von Anerkennung. Gleichzeitig haben einige gesagt: ‘Diese Untersuchung kommt zu spät.'” Möglicherweise sei es erst mit dem Abstand von etwa einer Generation möglich, sich diesen Themen zu widmen.

Der Forscher warnte vor einer Tendenz “in einigen gesellschaftlichen Kreisen”, die DDR zu verklären oder zu verherrlichen. Die Mehrheit derjenigen, die in der DDR gelebt hätten, habe vermutlich keinerlei Schäden davongetragen. “Nichtsdestotrotz gab es Menschengruppen, die von der DDR mit Unrechtsmaßnahmen überzogen wurden, und das darf nicht in Vergessenheit geraten.”

Befragt wurden demnach sowohl politisch Verfolgte als auch Menschen, die zu DDR-Zeiten, oftmals ohne ihr Wissen, gedopt worden waren. Bei den Opfern von Staatsdoping hätten nur zwei Prozent der Befragten im Lauf ihres Lebens keine psychische Erkrankung bekommen, sagte der Experte.

Betroffene sogenannter Zersetzungsmaßnahmen lebten heute oftmals einsam und isoliert, sagte Spitzer; sie seien misstrauisch und behielten auch Krankheiten mitunter für sich. Bei den Zersetzungsmaßnahmen sei es darum gegangen, den Selbstwert von Einzelnen oder den Zusammenhalt von Gruppen zu erschüttern, etwa durch die Verbreitung von Gerüchten, systematisches Mobbing oder heimliche Veränderungen in deren Wohnung, etwa den Austausch von Teesorten, die zu massiver Verunsicherung führten.