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Forscher: Klima-Flucht bald in fast allen Ländern der Welt

Der Klimawandel zwingt immer mehr Menschen, ihre Heimat zu verlassen – auch in Europa. An eine große Flüchtlingswelle nach Deutschland glaubt der Klimaphysiker Jacob Schewe zwar nicht. Dennoch mahnt er Verantwortung an.

Der Klimawandel wird aus Sicht des Forschers Jacob Schewe absehbar in so gut wie allen Ländern der Welt zu Flucht und Vertreibung führen. “Auch in den reichen Ländern müssen schon heute immer wieder Menschen vor Naturkatastrophen fliehen oder in Sicherheit gebracht werden”, sagte der Klimaphysiker vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung der “Süddeutschen Zeitung” (Dienstag). Er verwies dabei auf die jüngsten Überflutungen in Spanien sowie Waldbrände in Kalifornien. Durch den fortschreitenden Klimawandel erhöhe sich die Gefahr solcher Katastrophen noch.

Am härtesten durch die Veränderungen betroffen sind laut Schewe dennoch weiterhin die Länder des globalen Südens. “Der Temperaturanstieg führt zu mehr Todesfällen, mehr Krankheiten und schränkt die wirtschaftliche Entwicklung ein. Der Klimawandel hält die Menschen in der Armut.” Dass es deswegen zu einer Welle von Klima-Flüchtlingen nach Europa und Deutschland komme, glaube er zwar nicht. Dennoch müssten sich die Industrienationen als Hauptverursacher des Klimawandels ihrer Verantwortung bewusst werden. “Deshalb sollten wir den besonders darunter leidenden Menschen helfen, sich zu schützen. Wie sie sich anpassen, müssen sie selbst entscheiden – es wäre verwegen, das vorzugeben”, betonte der Physiker.

Eine Ergänzung der Genfer Flüchtlingskonvention um den Grund Klima, wie sie teilweise schon gefordert wurde, hält er hingegen für unrealistisch und nicht sinnvoll. “Unserer Einschätzung nach lohnt es sich eher zu schauen, welche Maßnahmen praktisch umsetzbar sind.” Als Beispiel nennt er ein Abkommen zwischen Tuvalu und Australien, wonach jedes Jahr mehrere Hundert Menschen des kleinen Inselstaats, der langsam im Pazifik versinkt, dauerhaft in Australien aufgenommen werden. “Auch dieses Abkommen ist nicht perfekt, es zeigt aber auf, wie Staaten Verantwortung übernehmen können.”