Zum Welttag der Menschen mit Behinderungen am Dienstag richten Organisationen und Vertreter aus der Politik den Blick auf die Inklusion. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) legte am Montag einen Aktionsplan für ein inklusives Gesundheitswesen vor, die Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Selbsthilfe forderte von einer neuen Bundesregierung, die Inklusion auf dem Arbeitsmarkt voranzutreiben. Die katholische Deutsche Bischofskonferenz beklagte eine anhaltende Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen. Der Welttag steht in diesem Jahr unter dem Motto „Stärkung der Teilhabe von Menschen mit Behinderung für eine inklusive und nachhaltige Zukunft“.
Lauterbach übergab den Aktionsplan dem Behindertenbeauftragten der Bundesregierung, Jürgen Dusel, und der Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, die auch Sprecherin des Deutschen Behindertenrats ist. Der Plan sieht vor, dass der Umbau von Arzt- und Zahnarztpraxen gefördert und die Belange von Menschen mit Behinderungen ausdrücklich als Bestandteil des ärztlichen Auftrags festgehalten werden. Angestrebt werden bauliche und digitale Barrierefreiheit in der Langzeitpflege, der Pflegeberatung und der Gesundheitsförderung. Informationen sollen auch für blinde, gehörlose und kognitiv eingeschränkte Menschen erreichbar und verständlich sein.
Dusel sprach von einem „absolut notwendigen Schritt“, da Menschen im Gesundheitswesen erheblich benachteiligt sind. Mit Blick auf das Scheitern der Ampel-Regierung sagte Dusel, im Gegensatz zu anderen Ministerien habe Lauterbach den Aktionsplan noch geliefert. Nun müsse die nächste Bundesregierung ihn übernehmen und umsetzen.
Die BAG Selbsthilfe kritisierte in Düsseldorf, trotz hoher Qualifikationen seien Menschen mit Behinderungen überproportional häufig von Arbeitslosigkeit betroffen. Mit dem im Januar eingeführten „Gesetz zur Förderung eines inklusiven Arbeitsmarktes“ seien wichtige Schritte unternommen worden, um Arbeitgeber stärker für die Beschäftigung behinderter Menschen zu gewinnen, sagte BAG-Bundesgeschäftsführer Martin Danner. Aber ein Gesetz allein nütze nichts, wenn es nicht konsequent umgesetzt werde.
In ihrem Appell forderte die bundesweite Dachorganisation von rund 120 Selbsthilfeverbänden außerdem Reformen des Behindertengleichstellungsgesetzes und des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Die Verpflichtung zur Barrierefreiheit müsse verbindlich gemacht und das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz nachgebessert werden. Danner verlangte, dass politische Entscheidungen in enger Abstimmung mit den Betroffenen erfolgen.
Der Erfurter Weihbischof Reinhard Hauke erklärte, Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen widerspreche dem christlichen Auftrag und den gesellschaftlichen Werten: „Die Menschenwürde kommt Menschen mit Behinderungen ebenso zu wie Menschen ohne Behinderungen.“ Vor 15 Jahren sei die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland in Kraft getreten. Das 75. Jubiläum des Grundgesetzes, dessen Artikel 1 unmissverständlich festhalte, dass die Würde des Menschen unantastbar sei, verleihe dem diesjährigen Welttag eine besondere Bedeutung.