Der niedersächsische Flüchtlingsrat kritisiert die Einigung von Bund und Ländern zu den Flüchtlingskosten als einen „Wettlauf der Schäbigkeiten“. „Die deutsche Politik hat ihre im Jahr 2015 ausgerufene ‘Willkommenskultur’ endgültig beerdigt“, sagte Geschäftsführer Muzaffer Öztürkyilmaz am Dienstag in Hannover. „In der Hoffnung, der rechtsextremen AfD Wählerstimmen abzujagen, überbieten auch die demokratischen Parteien einander in einem sich täglich weiter aufschaukelnden Wettbewerb der Abschreckung.“
Bund und Länder hatten sich in der Nacht zu Dienstag unter anderem darauf verständigt, dass die Sozialleistungen für Flüchtlinge gekürzt werden sollen. Asylbewerber im laufenden Verfahren, die bislang nach 18 Monaten Anspruch auf Bürgergeld haben, sollen künftig doppelt so lange, nämlich 36 Monate, nur die niedrigeren Asylbewerberleistungen erhalten. Aus Sicht des Flüchtlingsrates ist das verfassungsrechtlich bedenklich, unmenschlich und unvernünftig.
Die Theorie, nach der Sozialleistungen Flüchtlinge anziehen könnten, sei längst widerlegt. „Schutzsuchende Menschen werden sich nicht von der Flucht abhalten lassen, weil sie 36 statt 18 Monate eingeschränkte Leistungen erhalten“, sagte Öztürkyilmaz. „Aber der Beschluss wird, sollte er so umgesetzt werden, die soziale Not vergrößern und die soziale Ausgrenzung vertiefen.“ Die Expertise von mehr als 150 Fachverbänden und sozialen Organisationen werde ignoriert. Diese hätten sich Anfang November gegen Kürzungen am Existenzminimum ausgesprochen.
Auch eine Begrenzung des Familiennachzuges stößt beim Flüchtlingsrat auf Empörung. Dass geprüft werden solle, Asylverfahren in Transitländer zu verlagern, spreche ebenso für eine Diskursverschiebung, wie die Sprache, wenn in Debatten durchgängig nur noch von „irregulärer Migration“ geredet werde.