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Feuersteine und Knochenfunde

Auf einem abgelegenen Acker in Rockenthin bei Salzwedel (Sachsen-Anhalt), etwas oberhalb des Bahndamms, sind mehrere Felder für archäologische Grabungen abgesteckt. Seit 2018 wird hier nach Spuren der Vergangenheit gesucht, nachdem Überreste einer römischen Siedlung aus dem dritten Jahrhundert nach Christus entdeckt wurden. Neben erfahrenen Helfern sind auch Jugendliche mit dabei. Sie gehören zum Verein „Junge Archäologen der Altmark“, in dem sich Hobby-Archäologen unter Anleitung des Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie (LDA) bei den Grabungen engagieren.

An diesem Vormittag bringt Barbara Fritsch, Gebietsverantwortliche für den Altmarkkreis Salzwedel und die Börde beim LDA in Heyrothsberge bei Magdeburg einen weiteren Jugendlichen vorbei: Jannis Ehrich aus Bernburg ist 19 Jahre alt und absolviert noch bis Ende August ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) in der Behörde. Er wird die kommenden drei Tage im Zeltlager der „Jungen Archäologen“ mit dabei sein. „Das ist eine schöne Abwechslung zum Innendienst“, erzählt der Jugendliche.

Jannis ist einer von zwei Jugendlichen, die derzeit beim Landesamt in Heyrothsberge im Einsatz sind. Es ist ein besonderes Angebot, das vielen gar nicht bekannt ist: Die Jugendbauhütte Sachsen-Anhalt in Quedlinburg bietet ein FSJ im Denkmalschutz an. Ob in Museen und kulturellen Einrichtungen, bei Restauratoren oder in der Archäologie: Ein Jahr lang können sich hier junge Menschen nach der Schulzeit ausprobieren, etwa bei Holz- und Zimmerarbeiten, der Sanierung von Mauerwerken oder bei Grabungen in der freien Natur.

„Dafür ist Jannis immer zu haben“, erzählt Barbara Fritsch. Seit über 15 Jahren hat sie Erfahrung mit FSJlern, sieht sie als große Hilfe bei der täglichen Arbeit an. Das Landesdenkmalamt wolle den Jugendlichen aber auch ermöglichen, das machen zu können, was ihren Neigungen entspricht. Denn zur Arbeit der Archäologen gehört auch der Innendienst: Fundstücke aus Grabungen müssen beispielsweise gereinigt, katalogisiert und in Datenbanken erfasst werden.

Jannis ist lieber bei Wind und Wetter in der freien Natur. Auf dem Magdeburger Domplatz hat er schon bei Grabungen mitgemacht, erzählt der 19-Jährige. Bei Elbingerode im Harz habe er Knochen und Scherben ausgegraben, mitten im Winter sei er auf der Baustelle eines geplanten Industriegebiets in Haldensleben (Börde) im Einsatz gewesen.

„Ich wollte immer was Praktisches machen“, sagt Jannis. Er sei auf das Angebot aufmerksam geworden und ihm habe die Möglichkeit gefallen, abseits der Schule draußen arbeiten zu können. Und das FSJ hat ihm geholfen, seinen Berufswunsch zu entdecken: Er will Vermessung studieren.

Im Landesamt hat Jannis das ganze Jahr über zusammen mit Nele Montag (19) gearbeitet. Für Barbara Fritsch ergänzen sich die beiden prima: Während Jannis lieber gräbt, arbeitet Nele auch gerne in der Nachbereitung im Innendienst. Auf ihrem Tisch liegen viele kleine Tüten. Scherben von Keramiken, Feuersteine und andere Fundstücke, teils über 4.000 Jahre alt, beschriftet die Jugendliche mit speziellen Etiketten und trägt sie in eine Datenbank ein.

„Hier wird es meistens nicht langweilig“, erzählt Nele. Auch sie war schon auf Grabungen dabei, etwa im berühmten Ringheiligtum Pömmelte südlich von Magdeburg. Nach dem Abitur war sie nicht sicher, was sie studieren sollte – in Richtung Architektur oder Denkmalschutz sollte es gehen, erzählt die Berlinerin. Jetzt will sie ab Herbst Innenarchitektur studieren.

Barbara Fritsch und ihre Kollegen im Landesamt müssen sich ab September mit nur einem FSJler begnügen. Eigentlich, so erzählt sie, sollten es zwei sein, doch einer habe kurzfristig zurückgezogen. Nicht immer könnten alle Stellen besetzt werden, ein- oder zweimal seien sogar beide Stellen freigeblieben, berichtet die Archäologin. Offenbar ist das FSJ in der Denkmalpflege immer noch zu unbekannt.