Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, warnt davor, in der Debatte um Judenfeindlichkeit vor allem auf Migranten zu schauen. Stattdessen müsse man die schon länger in Deutschland lebenden arabisch- und türkischstämmigen Bevölkerungsgruppen stärker in den Blick nehmen, forderte er im Gespräch mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag) vor dem Bund-Länder-Gipfel zur Migration.
Die israelfeindlichen Aggressionen in den vergangenen Tagen hätten gezeigt, dass bei einem Teil der arabischstämmigen Bevölkerungsgruppe leicht antisemitische Grundhaltungen aktiviert werden könnten. Das gelte auch für einen Teil der Anhänger von Präsident Recep Tayyip Erdogan innerhalb der türkischstämmigen Community, fügte der Beauftragte der Bundesregierung hinzu. Erdogan bediene zurzeit in erheblichen Maße antiisraelische Ressentiments.
Seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel sei der israelbezogene Antisemitismus der arabisch-stämmigen Community in den Vordergrund gerückt, betonte Klein: “Um diesem Problem zu begegnen, ist es verkürzt, den Blick nur außerhalb unserer Landesgrenzen auf Migranten zu richten.”
In Deutschland lebten etwa 24 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund, teilweise seit Jahrzehnten, und viele seien bereits hier geboren. Zwar sei es “völlig berechtigt, Menschen mit Werten, die unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung zuwiderlaufen, nicht in unser Land einwandern zu lassen”, betonte Klein: “Aber wenn wir dabei den Blick auf Migration verengen, übersehen wir den weitaus größeren Teil des Problems: den bereits vorhandenen Antisemitismus in allen Teilen der Gesellschaft und die Defizite der Integrationspolitik in Deutschland.”
Klein forderte mit Blick auf das Bund-Länder-Treffen zur Migration dazu auf, “uns in der Migrationsdebatte ehrlich zu machen und sie von unseren Problemen in der Integrationspolitik zu trennen”.