Mit großer Konzentration und in rasantem Tempo ist Dino Sale beim Falten. Der junge Mann faltet und faltet und faltet. Mit ihm arbeiten 15 weitere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Reha-Werkstatt Schorndorf der Remstal Werkstätten, in der früheren Ausbildungswerkstatt der Firma Bauknecht, an einem Großauftrag: Sie befüllen und verpacken Schoko-Adventskalender für den VfB Stuttgart. Gemeinsamen mit den Kollegen in Waiblingen (ebenfalls Rems-Murr-Kreis), die ebenfalls zur Diakonie Stetten gehören, verarbeiten sie 7.500 Exemplare.
In Waiblingen wird zusätzlich der große Adventskalender mit Fanartikeln verpackt. Mit einer Auflage von 800 Exemplaren ist er deutlich exklusiver. Manche Fanartikel müssen die Mitarbeiter ordentlich falten, damit sie in die Fächer passen.
Der Auftrag ist trickreicher, als er auf den ersten Blick aussieht. Schnell steht eine Papplasche im Weg oder eines der perforierten Türchen wird eingedrückt. Doch inzwischen hat das Team, in dem alle eine psychische Erkrankung haben, Routine entwickelt, jeder Handgriff sitzt.
Damit die zweite Lage mit Schokofüllungen besser hineingleitet, nimmt Stefano Fruth eine Kunststoffrutsche zu Hilfe. „Wir sind gut ausgelastet“, freut sich der Technische Leiter Andreas Kuhnle über diesen und andere Aufträge. Er gibt zu, die Dimension des Kalenderauftrags anfangs unterschätzt zu haben, denn es sind jeweils 16 Arbeitsschritte. Doch der VfB Stuttgart pflege einen sehr fairen Umgang.
Was haben Andreas Hinkel, Mario Gómez und Sami Khedira gemeinsam? Sie haben alle für den VfB Stuttgart gespielt – und sie waren alle Zivildienstleistende im Berufsbildungswerk Waiblingen (BBW), einer Einrichtung der Diakonie Stetten. Sie hatten dabei auch die BBW-Fußballmannschaft trainiert. Hinkel ist nun Schirmherr des Unified-Turniers 2024, der VfB Stuttgart über „VfBfairplay“ Ärmelsponsor für die inklusive Unified-Mannschaft der Diakonie Stetten. Der Platz auf der Brust ist bei dieser schon besetzt, denn sie gehört ganz offiziell zur Sportgemeinschaft Weinstadt.
Zivi-Nachschub vom VfB Stuttgart gibt es seit dem Ende des Zivildienstes keinen mehr, dafür wandert nun Personal in die andere Richtung. Ab dem Frühjahr sollen im VfB-Fanshop wieder Praktikanten der Diakonie Stetten arbeiten. Dort gibt es sehr viele VfB-Fans. Nicht auszudenken, er müsse einen Adventskalender für Bayern München verpacken, sagte ein überzeugter VfB-Fan aus dem Schorndorfer Team.
Diakonie und VfB kooperieren auch beim Projekt „Barrierefreier Stadionbesuch“. Zweimal pro Saison kommen dadurch Besucher ins Stadion, die es allein nicht könnten. Ein Busunternehmer aus der Region spendet Busse und Fahrer.
Jochen Spieth, Leiter der Abteilung „Kommunikation, Spenden, Marketing“ der Diakonie Stetten, war früher für den VfB Stuttgart tätig. Doch die Kooperation ist inzwischen so eingespielt, dass vieles gar nicht mehr über ihn laufen muss. „Die verhandeln ohne mich“, sagt er dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das „Büro für Leichte Sprache“ der Diakonie Stetten bietet Übersetzungen an, die von Menschen mit Behinderungen in der Praxis getestet werden. „Künftig will auch der VfB Stuttgart Texte von uns übersetzen lassen“, sagt Steffen Wilhelm, Pressesprecher der Diakonie Stetten.
Genascht wird während des Verpackens nicht, in diesem Punkt herrscht eiserne Disziplin. Im Dezember sieht es dann allerdings anders aus. Weil die Diakonie Stetten im kommenden Jahr ihr 175-jähriges Bestehen feiert, schenkt ihr der VfB Stuttgart 175 Schoko-Kalender zum Eigengebrauch. Einen Nachteil haben die fleißigen Verpacker: Sie wissen schon vorab, was drin ist. Nach rund zwei Monaten Einsatz wohl für jeden einzelnen Tag, denn die Reihenfolge ist immer genau gleich.