Geburten sind meist körperlich schmerzhaft und emotional herausfordernd. Eine zunehmende Zahl von Frauen berichtet indes von Gewalt im Kreißsaal. Eine Forscherin fordert mehr Augenmerk für sensible Geburten.
Jeder Gebärenden sollte ein zeitnahes professionelles Nachgespräch zustehen – dafür spricht sich die Psychosomatikerin Kerstin Weidner aus. “Dort würden nicht nur körperliche Interventionen besprochen – auch Anzeichen einer posttraumatischen Stressreaktion würden sichtbar”, sagte Weidner der “Süddeutschen Zeitung” (Freitag). Drei bis vier Prozent der Frauen erlitten nach der Geburt eine Posttraumatischen Belastungsstörung.
Die Forscherin verwies auf Studien, nach denen zwischen neun und 50 Prozent der Frauen von traumatischen Erfahrungen im Zusammenhang mit einer Geburt berichteten. “Die 50 Prozent würde ich auch bezweifeln, da wird vielleicht der Begriff ‘Trauma’ zu weit strapaziert.” Tatsächlich Betroffenen falle es jedoch schwer, eine stabile Beziehung zu ihrem Baby aufzubauen; sie selbst und ihre Partnerschaft seien oft schwer belastet.
Ausschlaggebend sei dafür weniger der Schmerz als vielmehr das Gefühl von Hilflosigkeit und Kontrollverlust. Besonders gelte das für “die 20 Prozent der Frauen, die bereits Gewalterfahrungen gemacht haben. Sie können bei einer Geburt leicht retraumatisiert werden”, erklärte Weidner. Vorgespräche, in denen Erfahrungen abgefragt würden, könnten allen Beteiligten helfen.
Wichtig sei zudem ein respektvoller Umgang während der Geburt. Manche Interventionen seien notwendig, und ein Stück “Kontrollabgabe” gehöre dazu – sei jedoch etwas anderes als Kontrollverlust. Und, so die Expertin: “Die Psyche gehört genauso zur Gesundheit wie der Körper.”
Allein die verwendete Sprache könne einen großen Unterschied machen – und lasse sich leicht schulen. Worte könnten “kränken, erschüttern, verletzen. Aber sie können auch heilen, trösten und Mut machen”, betonte die Direktorin der Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik am Dresdner Uniklinikum. Wenig unterstützend seien Sätze wie “Haben Sie sich nicht so”, “Reißen Sie sich jetzt zusammen” oder “Beine breit machen”.
Stattdessen könnten Mediziner und Hebammen etwa sagen: “‘Sie machen das gut, das Köpfchen ist schon ganz weit unten.’ Körperbezogene Sprache, positiv unterstützend und mit Fokus auf die Ressourcen hilft Gebärenden.” Entscheidend ist laut Weidner, im Kontakt zu bleiben und notwendige Maßnahmen zu erklären: “In der gegenseitigen Anerkennung liegt der Schlüssel.”