Bei einer Tagung zum Thema „Landschaften des Nationalsozialismus“ auf dem fränkischen Hesselberg haben Experten am Wochenende davor gewarnt, Lernorte aus einem Elfenbeinturm heraus zu planen. Es sei „zwingend“, dass Orte zum Erklären und Verstehen der NS-Zeit entstünden, sagte der bayerische Antisemitismusbeauftragte Ludwig Spaenle (CSU) bei einer Podiumsdiskussion. „Aber passt auf, dass ihr die Menschen mitnehmt.“
Auf dem höchsten Berg Mittelfrankens (689 Meter) ist eine Denkmallandschaft geplant, die die wechselvolle und teilweise dunkle Geschichte aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten soll. Zu ihr gehören die propagandistischen „Frankentage“ des NS-Gauleiters Julius Streicher zwischen 1933 und 1939, die bis zu 100.000 Menschen anzogen. 1951 gründete die bayerische evangelische Landeskirche eine Landvolkshochschule mit dem Leitsatz „Kein Bauer wählt mehr braun“. 2005 wurde die Einrichtung in Evangelisches Bildungszentrum Hesselberg umbenannt.
Auch der Leiter der KZ-Gedenkstätte Flossenbürg, Jörg Skriebeleit, forderte die Macher von Denkmalprojekten auf, „keine Elitenprogramme“ zu entwickeln. „Die Menschen müssen ernst genommen werden.“ Dann könnten solche Projekte mehr Wirkung entfalten als Demonstrationen. Mit Blick auf mögliche Auswirkungen von AfD-Wahlerfolgen für Gedenkorte sagte Skriebeleit: „Diese Partei zerstört, was bei uns bisher selbstverständlich ist.“ Das Ziel von „klugen und reflexiven“ Erinnerungsprojekten müsse jetzt sein: „Kein Bauer wählt mehr blau.“
Der Projektleiter des Hesselberg-Erinnerungsprojekts, Jochen Ramming, präsentierte bei der Tagung das aktuelle Konzept für die Denkmallandschaft. Sie soll drei Säulen haben: Im Zentrum steht eine Ausstellung im Evangelischen Bildungszentrum (EBZ). Dazu kommen Informationstafeln und digitale Infopoints im Freien. Hier werden besonders die umliegenden Dörfer eingebunden. Diese Teile werden vom Bildungsprogramm des EBZ ergänzt. Man rechne mit Kosten von einer Million Euro, sagte Ramming dem Evangelischen Pressedienst (epd). (00/2900/28.09.2024)