Artikel teilen:

Experte Keazor zur Fälscher-Ausstellung in Heidelberg

Der Heidelberger Kunsthistoriker Henry Keazor hat mit einem Tabu gebrochen. Er packt das millionenschwere Thema Kunstfälschung offensiv an. An der Uni Heidelberg ist eine eigene Sammlung mit Fälscherkunst entstanden, mit deren Hilfe Studierende lernen sollen, wie sie gefakte Kunst erkennen können. In Kurpfälzischen Museum hat Keazor jetzt die Ausstellung “Kunst und Fälschung – Aus dem Falschen das Richtige lernen” kuratiert.

KNA: Herr Professor Keazor, wann kamen erstmals Kunstfälschungen auf den Markt?

Henry Keazor: Schon in der Antike. Horaz erwähnt einen zwielichtigen Experten, der falsche Gutachten verfasste. Kunstfälschung gibt es, seitdem Kunst mit einem Wert belegt ist.

KNA: Wer profitiert vom Betrug?

Keazor: Erstens der Fälscher – fast allen geht es nur ums Geld. Dann profitieren Kunsthändler, die nicht immer bereit sind, alles für eine gründliche Untersuchung von Herkunft und Authentizität eines Werks zu versuchen. Und manchmal auch die Expertinnen und Experten, die nicht immer ganz integer arbeiten, aber vielleicht für ein positives Gutachten sehr gut bezahlt werden.

KNA: Wer trägt den Schaden bei einem Fälschungsskandal?

Keazor: Zuerst die Künstler, denen ein falsches Werk untergeschoben wird, ihre künstlerische Aussage wird verfälscht. Dann die Käufer, die reingelegt werden, weil sie – vielleicht für viel Geld – etwas Wertloses erworben haben. Schließlich wir alle, weil die mit Steuergeldern finanzierte Aufklärung von Fälscherskandalen teuer und aufwendig ist.

KNA: Kunstkauf ist vom ideellen Sammeln zum Millionen-Invest geworden. Wie viele Fälschungen kommen auf den Markt?

Keazor: Das ist schwer zu sagen. Sprechen wir vom hochpreisigen Markt oder dem grauen Markt auf Ebay? Jeder, der sich professionell mit Kunst beschäftigt, in Galerien, Museen und Auktionshäusern oder als Kunsthistoriker kommt mit Fälschungen in Kontakt. Und der boomende Kunst-Onlinehandel ist voller Fälschungen.

KNA: Wolfgang Beltracchi, der jahrzehntelang Millionengewinne machte und Villen in Südfrankreich und Freiburg kaufte, behauptet, die Gier des Kunstmarkts sei unersättlich und er hätte Hunderte weitere Fälschungen verkaufen können?

Keazor: Beltracchi trifft einen wunden Punkt. Nach Fälscherskandalen steigt die Sensibilität für das Phänomen enorm an, flacht dann aber auch leider wieder ab. Unsere Ausstellung, vor allem aber auch die kontinuierliche Schulung und Sensibilisierung von angehenden Kunsthistorikerinnen und -historikern halten das Thema hingegen dauerhaft präsent.

KNA: Bis die KI die perfekte Fälschung erschaffen wird?

Keazor: Noch sind wir nicht so weit. Aber wer weiß? Fälscher haben schon immer die neuesten verfügbaren Techniken genutzt.