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Experte: Bei Nachbarschaftsstreit nicht gleich Vorwürfe machen

Laute Musik, unterschiedliche Auffassungen von Gartengestaltung, manchmal auch nur Schritte: Gründe für Konflikte in der Nachbarschaft gibt es viele. Damit Ärger nicht eskaliert, lässt sich manches tun.

Lieber über das eigene Empfinden sprechen als Vorwürfe machen – dazu rät Mediator Raphael Stekl bei Konflikten in der Nachbarschaft. Auch könne es sinnvoll sein, einen Wunsch zu formulieren, sagte Stekl im Interview der “Süddeutschen Zeitung” (Wochenende). Ein Beispiel: “Ich sitze immer abends um 18 Uhr auf dem Balkon. Meint ihr, ihr könntet vielleicht zu einer anderen Zeit grillen?”

Es sei sinnvoll, wahrgenommene Störungen direkt anzusprechen. “Aber es geht darum, wie ich es anspreche”, betonte der Mediator. Ein solches Gespräch führe man idealerweise nicht zwischen Tür und Angel, und bei einer Familie mit Kindern abends zu klingeln, sei ebenfalls wenig ratsam.

Hilfreich sei, sich klarzumachen, dass das Gegenüber “nicht zwangsläufig daran interessiert ist, uns zu schaden”, fügte Stekl hinzu. “Jeder lebt sein Leben anders, da treffen ganz unterschiedliche Lebensentwürfe aufeinander. Wenn wir das akzeptieren, ist schon viel gewonnen.” Auch kurze Gespräche im Treppenhaus oder ein gemeinsames Grillfest könnten Konflikte vermeiden helfen.

Wenn er von einer Konfliktpartei kontaktiert werde, gebe es zunächst einen Termin mit allen Beteiligten an einem neutralen Ort. Bei dieser ersten Sitzung würden Regeln festgelegt, erklärte der Experte: “Nicht schreien, nicht schimpfen, sachlich bleiben”. Oft herrsche eine angespannte Stimmung oder betretenes Schweigen. “Manchen ist die Situation peinlich, andere begrüßen sich per Handschlag und freuen sich richtig darauf, die Sache endlich aus der Welt zu bringen.”

Rechnen müsse man mit Kosten zwischen 70 bis 150 Euro pro Stunde, sagte Stekl. “Meine kürzeste Mediation dauerte 45 Minuten, die längste mehr als zehn Sitzungen.” Die Bezahlung müssten die Konfliktparteien zu Beginn untereinander vereinbaren; oft wolle die Partei zahlen, die sich auch bei ihm gemeldet habe. “Vor Ort sagt die andere Partei häufig: ‘Nee, ich will auch meinen Anteil liefern, lass uns fifty-fity machen.'” Dies sei ebenso ein guter Anfang wie der Schritt, sich miteinander an einen Tisch zu setzen.