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EuGH-Anwältin: Ethnische Kriterien im Wohnungsbau unzulässig

Dänemark will sogenannte Problemviertel entschärfen, indem “nicht-westlichen” Migranten der Wohnraum entzogen wird. Das diskriminiere eine ganze Gruppe und erschwere die Integration, findet eine Generalanwältin.

Ein dänisches Gesetz, das auf eine Senkung des Anteils nicht-westlicher Einwanderer in Wohngebieten zielt, ist nach Auffassung einer Generalanwältin des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) diskriminierend. In ihren am Donnerstag in Luxemburg veröffentlichen Schlussanträgen legte Generalanwältin Tamara Capeta dar, die Unterscheidung zwischen “westlichen” und “nicht-westlichen” Bewohnern widerspreche der EU-Richtlinie zur Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft. Das Urteil wird zu einem späteren Zeitpunkt gefällt.

Hintergrund sind dänische Rechtsvorschriften über das öffentliche Wohnungswesen, die in Wohngebieten mit hoher Arbeitslosigkeit und Kriminalität oder niedriger Bildung und geringen Einkommen die Bevölkerungszusammensetzung ändern sollen.

Dort, wo zusätzlich zu den schwierigen sozialen Bedingungen der Anteil an Einwanderern aus nicht-westlichen Ländern und deren Nachkommen in den letzten fünf Jahren über 50 Prozent lag, soll die Bevölkerung in Wohnungen des öffentlichen Wohnungsbaus bis Anfang 2030 auf 40 Prozent verringert werden. Der Weg dorthin führt über den Verkauf von Grundstücken an private Träger, Abriss und Kündigungen.

Mieter aus zwei dieser sogenannten Umgestaltungsgebiete in Slagelse und Kopenhagen beanstandeten die Entwicklungspläne vor einem dänischen Gericht. Dieses wandte sich an den EuGH mit der Bitte um Auslegung des EU-Rechts.

Generalanwältin Capeta vertrat die Ansicht, die Unterscheidung zwischen “westlichen” und “nicht-westlichen” Einwanderern und ihren Nachkommen beruhe auf der ethnischen Herkunft. Eine Diskriminierung liege insoweit vor, als “nicht-westliche” Mieter weniger günstig behandelt würden als andere. Zudem stigmatisiere diese ethnische Unterscheidung die betreffende Gruppe; deren Integrationschancen würden damit geschmälert statt verbessert.