Das EU-Parlament hat sich auf einen Vorschlag für ein Gesetz zu Künstlicher Intelligenz (KI) geeinigt. Hochriskante KI-Systeme sollen demnach verboten werden. Danach staffeln sich die Auflagen gemessen am Risiko der Technologie. Damit sprach sich eine große Mehrheit der Abgeordneten auch für ein Verbot von Gesichtserkennung im öffentlichen Raum aus. „In den Verhandlungen mit den EU-Regierungen werden wir für eine Zukunft frei von biometrischer Massenüberwachung kämpfen“, erklärte der Europaabgeordnete Patrick Breyer von der Piratenpartei nach der Abstimmung in Straßburg.
Kurz vor der Abstimmung galt das Ergebnis als ungewiss. Das Parlament hat sich in seinem Gesetzentwurf deutlich restriktiver als Kommission und Rat positioniert und will biometrische Überwachungssysteme im öffentlichen Raum grundsätzlich verbieten, was Bürgerrechtler begrüßten. Vergangene Woche forderte die Europäische Volkspartei (EVP) Ausnahmen von einem generellen Verbot, um Vermisste zu finden, terroristische Anschläge zu verhindern oder schwere Straftaten zu verfolgen. Die Abgeordneten haben diese Änderungsanträge mehrheitlich abgelehnt.
Soziale Medien werden nicht ausgewertet
Zusätzlich wollen die Abgeordneten eine Reihe von weiteren Anwendungen verbieten. Hierzu zählen biometrische Kategorisierungssysteme, die sensible Merkmale wie Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit oder politische Orientierung nutzen. Auch sollen Systeme, die versuchen, potenzielle Straftäter vorherzusagen, sowie solche, die Emotionen erkennen, verhindert werden. Darüber hinaus soll das Auslesen biometrischer Daten aus sozialen Medien zur Erstellung von Gesichtserkennungsdatenbanken untersagt werden.
Das Votum sei ein wichtiger Schritt hin zu einem sicheren Umgang mit KI in der EU, erklärte die Leiterin der Brüsseler Vertretung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Katrin Hatzinger: „Aus kirchlicher Sicht begrüßen wir, dass es gelungen ist, sich auf einen Rechtsrahmen zu einigen, der eine menschenzentrierte und ethische Entwicklung von KI ermöglicht.“
Die Mehrheit der Abgeordneten begrüßte den Gesetzesentwurf zwar, die Fraktionen im EU-Parlament bewerteten diesen aber unterschiedlich. So bezeichnete die Abgeordnete Cornelia Ernst (Linke) das Votum gegen die Massenüberwachung durch Gesichtserkennung im öffentlichen Raum als großen Erfolg. Sie ergänzte aber, sie bezweifle, dass das Verbot die Verhandlungen mit den Regierungen im Rat überstehe. „Besonders konservative Regierungen wollen Geheim- und Sicherheitsdiensten viel mehr Macht und Kontrolle über die Bevölkerung geben, frei nach chinesischem Vorbild“, sagte sie.
Was machen die Regierungen?
Axel Voss (CDU) und seiner EVP-Fraktion gehen die Einschränkungen dagegen zu weit. Es sei bedauerlich, dass die Mehrheit auf einem vollständigen Verbot von biometrischen Gesichtserkennungssystemen beharre. „Damit verpassen wir eine wichtige Chance. KI kann richtig angewandt bei der Strafverfolgung zu deutlich mehr Sicherheit für die Bevölkerung führen“, sagte Voss.
Nachdem sich das Parlament auf eine Position geeinigt hat, können die Verhandlungen mit den Regierungsvertretern der EU-Mitgliedsstaaten und der EU-Kommission über den endgültigen Wortlaut des Gesetzes beginnen. Laut EU-Parlament sollen die Gespräche bereits am Mittwochabend starten.