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Ethikrat gibt Impulse zur Vorstellung von Normalität

Ethikrat analysiert Normalitätsvorstellungen und gibt Denkanstöße: Vom Krankheit und Gesundheit bis hin zum Bild von alten Menschen und Personen, die vermeintlich nicht dem vorherrschenden Körperideal entsprechen.

“Was ist normal”? Dieser Frage ist der Deutsche Ethikrat in einem Impulspapier nachgegangen. “Wer bestimmt, was als ‘normal’ gilt? Und welche Auswirkungen haben unsere Vorstellungen von Normalität einerseits auf persönliche Entscheidungen und andererseits auf gesellschaftliche Diskurse, etwa zu moralischen oder rechtlichen Themen?”, erläuterte die Sprecherin der Arbeitsgruppe, Petra Bahr, am Mittwoch in Berlin. Der Ethikrat wolle mit dem Impulspapier einen stärkeren gesellschaftlichen Diskurs über diese Fragen in den Medien sowie Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen anregen.

In dem Papier geht der Ethikrat dabei besonders auf kontroverse Normalitätsvorstellungen in der Medizin und anderen Lebenswissenschaften ein. Ein Beispiel ist die Unterscheidung von Gesundheit und Krankheit, etwa im psychischen Bereich. Dazu wird im Impulspapier die Debatte zum Begriff der Neurodiversität als ein exemplarischer Normalisierungsdiskurs analysiert. Viele Menschen, die sich selbst als neurodivers verstehen, weisen Krankheitszuschreibungen zurück und beanspruchen, im Vergleich zu “neurotypischen” Personen “anders normal” zu sein.

Weiter Konfliktbeispiele finden sich laut Ethikrat in der Definition von Alters- und Körperbildern oder im Bereich der Pränataldiagnostik. Neue Verfahren der nicht invasiven Pränataldiagnostik brächten die Frage auf, ob es so etwas wie “genetische Normalität” überhaupt gebe und was daraus für das Verständnis von Behinderung folge. An anderer Stelle gebe es einen Wandel hin zu einem positiveren Altersbild sowie die Bodypositivity-Bewegung im Netz, die das Aufbrechen problematischer Körperideale zum Ziel habe.

Das Papier stammt noch aus der Feder des alten Ethikrats. Der neue Ethikrat ist nach langer Hängepartie erst seit Montag wieder vollständig besetzt. Die konstituierende Sitzung des neuen vollständigen Ethikrats soll Mitte November stattfinden.