Von Hartmut WalsdorffJahr für Jahr fischte ich aus der Weihnachtspost frühzeitig den „Grünen Gruß“ heraus. Immer lohnend. Immer im grünen Umschlag. Auf grünem Papier. An „liebe Freundinnen und Freunde, Gefährten und Kollegen, Gläubiger und Gläubige“. Der Absender: Wolfgang Fietkau, freier Journalist, Buchhändler, Verleger, Schriftsteller. Und bei alledem im Kern Christ. Fundiert ausgebildeter Diakon. Was immer Wolfgang Fietkau zu Papier brachte und über den SFB oder RBB sendete, hatte Hand und Fuß. Sorgfältig gemeißelte Sätze, wo nötig auch zugespitzt. Doch stets behutsam im Dialog mit vielen Akteuren, nicht nur aus dem weiten Kreis der Empfänger seines „Grünen Grußes“. Für den Wichern-Verlag, in dessen Programm auch „die Kirche“ erscheint, früher das „Berliner Sonntagsblatt“, war Wolfgang Fietkau ein Glücksfall. Ich erinnere mich lebhaft: Im Januar 1982 beschloss die Kirchenleitung der EKiBB (Berlin West) das bei mir als Öffentlichkeitsbeauftragten in Auftrag gegebene Konzept zur Reaktivierung des seit Jahrzehnten ruhenden kirchlichen Verlages. Ohne Wolfgang Fietkaus fachkundige Hilfe samt all seinem verlegerischen Wissen wäre mir das kaum geglückt. Im Konsistorium regte sich Widerstand. Aber Bischof Martin Kruse war sofort dafür. Wie auch für meinen Vorschlag, die Verlagsleitung Wolfgang Fietkau anzuvertrauen. Lange genug kannte ich den Freund, um zu wissen, dass er sich gründlich und voll Leidenschaft mit dem Verlag identifizieren, sorgfältig nach Themen und Autoren Ausschau halten und mit aller Kraft für einen gesicherten Platz im schwierigen Umfeld der Berliner Verlagslandschaft kämpfen würde. 17 Jahre lang hat er genau das dann erfolgreich getan, bevor ihm 2001 Elke Rutzenhöfer nachfolgte. Bis zuletzt einte uns die Freude da-rüber, das inzwischen vielfältige Buchprogramm damals mit einem hochkarätig besetzten friedenspolitischen Lesebuch zu Kurt Scharfs 80. Geburtstag eröffnet zu haben. Inzwischen zählen auch dessen Bischofs-Nachfolger Martin Kruse, Wolfgang Huber und Markus Dröge zum Kreis der Autoren des Wichern-Verlages. Den eigenen Anspruch an Sorgfalt, Fleiß und Ausdauer übertrug Wolfgang Fietkau auf alle, die mit ihm arbeiten wollten. Im Planen und Tüfteln vergaß er oft Zeit und Stunde. So brannte im alten Konsistorium in der Bachstraße noch spät abends meist ein letztes Licht: in den Verlagsräumen oben im 6. Stock. Jahrzehntelang zählte Wolfgang Fietkau zu den treuen Mitarbeitern des Kirchentages. Dorothee Sölle, die wichtigste Autorin seines eigenen, 1959 gegründeten Kleinverlages, starb vor elf Jahren. Nun also auch Wolfgang Fietkau, der liebenswerte Freund. Viele werden ihn und seinen „Grünen Gruß“ schmerzlich vermissen.
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Er war ein Glücksfall
Der Journalist, Schriftsteller und Verleger Wolfgang Fietkau ist tot. Auch der Wichern-Verlag und die Kirchenzeitungs-Redaktion haben einen Freund verloren Von Hartmut Walsdorff