„Mach ein Fenster dran“ – so rät einer der bekanntesten Prediger des 19. Jahrhunderts, der englische Baptist Charles H. Spurgeon (1834-1892), seinen Schülern. Wenn es um komplizierte oder wenig greifbare biblische Inhalte geht, brauchen Menschen Bilder und Vergleiche. Oder Speisen –Köstlichkeiten, die durch den Magen gehen und das Auge und die Zunge erfreuen. Das Osterlamm zum Beispiel, mit einer schönen Zitronenglasur. Oder den Weihnachtsstollen, ursprünglich eine Fastenspeise, die das Wunder der Geburt Jesu symbolisierte.
Religion geht durch den Magen
Und in Zukunft wird der Dreikönigskuchen an Bekanntheit gewinnen. Geschätzte 1,5 Millionen Schweizer Familien freuen sich zum 6. Januar an diesem Gebäck. Das Besondere daran: In den Kuchen, dessen Rezeptur variieren kann, ist eine kleine Figur in Form eines Königs eingebacken. Wer beim Essen diese Figur erwischt, ist für einen Tag König in der Familie.
Doch selbst Bilder und kulinarische Köstlichkeiten kommen als biblische Erklärungshilfen an ihre Grenze. Ein Beispiel dafür ist das Epiphaniasfest. Das nur bruchstückhaft darzustellende Fest steht für die Offenbarung (Erscheinung) des menschgewordenen Christus als Sohn Gottes. Noch heute ist der 6. Januar das Weihnachtsfest der orthodoxen Christen. Es ist wesentlich älter als das Fest am 25. Dezember. Im Grunde hat das jüngere Weihnachtsfest dem viel älteren Epiphaniasfest den Rang abgelaufen. Schließlich überlagerte noch die Tradition der Könige an der Krippe den 6. Januar, so dass die Themen hinter der Epiphanie in den Hintergrund geschoben wurden. Wenig griffig, schlecht vermittelbar und schon gar nicht zu verspeisen.
Doch das Fest hat es verdient, neu in den Blickpunkt gerückt zu werden. Das öffentliche Auftreten Jesu wird bereits in seiner Taufe durch Johannes den Täufer (3. Advent) beleuchtet. Epiphanias wurde also immer wieder mit Tauffeier verbunden. So feiern die Ostkirchen das Fest der Theophanie als Gedächtnis der Taufe Jesu im Jordan und verbinden es mit einer Wasserliturgie, der Großen Wasserweihe.