Warum deutsches Geld noch anderswo ausgeben? Die Entwicklungszusammenarbeit verliert laut einer Studie in Deutschland an Zustimmung sowohl was ihre Finanzierung als auch ihre Ausrichtung angeht.
Die Menschen in Deutschland stellen laut einer aktuellen Studie die Entwicklungspolitik der Bundesrepublik zunehmend in Frage. Wie das Deutsche Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit am Donnerstag in Bonn mitteilte, ist die Zustimmung zu gleichbleibenden oder erhöhten Ausgaben für die Entwicklungspolitik in den vergangenen zwei Jahren um 22 Prozentpunkte auf aktuell 47 Prozent gesunken. Auch die Ausrichtung der Entwicklungszusammenarbeit werde zunehmend kritisch gesehen.
Die Forscher führen das auf eine insbesondere durch den Krieg in der Ukraine verschärfte wirtschaftliche Lage im Land zurück. Dadurch bewerteten die Befragten die künftige persönliche und nationale Lage tendenziell negativer.
Dabei erhalte die Entwicklungshilfe derzeit eine hohe mediale Aufmerksamkeit, sagte Institutsdirektor Jörg Faust. “Einerseits hat dies das Potenzial, mehr Raum für eine sachliche Auseinandersetzung mit einer wichtigen Thematik zu schaffen, andererseits birgt es die Gefahr einer zunehmend populistischen Debatte.” Oftmals würden Einzelprojekte der Entwicklungszusammenarbeit nur unvollständig dargestellt, um dadurch deren Wirksamkeit und Sinnhaftigkeit zu untergraben. “Das ist gerade angesichts vergleichsweise geringer Kenntnisse der Bevölkerung in diesem Politikfeld problematisch”, betonte Faust. Laut Umfrage ist nur ein Drittel der Bevölkerung nach eigenem Ermessen gut über Entwicklungspolitik informiert.
Auch die Zustimmung zu einer feministischen Außen- und Entwicklungspolitik, wie sie die Bundesregierung zu Beginn der Legislaturperiode im Dezember 2021 angekündigt hatte, ist demnach gesunken. Unterstützten im Januar 2023 noch 59 Prozent der Befragten dieses Leitbild, seien es aktuell nur noch 52 Prozent. Die Forscher warnen davor, dass der Begriff auf Grund seiner polarisierenden Wirkung die Debatte um Entwicklungspolitik sogar verschärfen könnte und mahnen deshalb, abzuwägen, in welchen Situationen er noch gebraucht werden sollte.
Für den Bericht nutzte das Institut nach eigenen Angaben Ergebnisse des Development Engagement Lab der Universitäten London und Birmingham, in dem jährlich aus mehreren Ländern, darunter auch Deutschland, je 6.000 Personen über ihr Wissen zum Thema Entwicklungszusammenarbeit befragt werden. Zudem erfasse auch das Institut zweimal jährlich unter rund 2.000 zufällig ausgewählten Personen in Deutschland online ein Meinungsbild zur Entwicklungspolitik.
Die Welthungerhilfe warnte derweil erneut vor weiteren Angriffen auf die Entwicklungszusammenarbeit. Es sei zwar grundsätzlich gut, wenn die Gesellschaft über den Einsatz der Gelder diskutiere. Eine Kürzung der finanziellen Mittel gefährde jedoch in Jahrzehnten gemachte Errungenschaften und sende verheerende Signale an die Partner in der Welt. “Die Menschen vor Ort vergessen die Hilfe nicht”, betonte Generalsekretär Mathias Mogge.