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Einstieg in den Ausstieg

Geteiltes Echo auf den Kohlekompromiss. Der rheinische Präses Rekowski ruft zur Entwicklung von Konzepten für den Strukturwandel auf. Ziel: der Erhalt des Hambacher Forsts

DÜSSELDORF/BERLIN – Nach der Entscheidung zum Ausstieg aus der Kohleverstromung bis spätestens 2038 hat der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, zur Entwicklung von Konzepten für den Strukturwandel in den betroffenen Regionen aufgerufen. „Projekte für die Transformation der alten Reviere in eine Landschaft mit zukunftsfähigen Beschäftigungsangeboten und einer entsprechenden Infrastruktur müssen identifiziert und auf den Weg gebracht werden“, erklärte er in Düsseldorf.
„Die unmittelbar von Stilllegung von Anlagen betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen konkrete Angebote und Unterstützung für ihre weitere Berufs- und Lebensplanung“, betonte er. Ziel müsse es dabei auch sein, die natürlichen Lebensgrundlagen zu erhalten. „Nicht zuletzt für Nordrhein-Westfalen gilt: Aus dem Wunsch, den Hambacher Wald zu erhalten, muss Wirklichkeit werden“, erklärte der leitende Theologe der rheinischen Landeskirche.
Insgesamt waren die Reaktionen auf die Entscheidung der Kohlekommission durchwachsen.Die darin vertretenen Umweltverbände zeigten sich allerdings weitgehend zufrieden mit dem Ergebnis.

Bau neuer Kraftwerke ist ausgeschlossen

„Der Einstieg in den Ausstieg ist geschafft“, sagte etwa der Präsident des Deutschen Naturschutzrings (DNR), Kai Niebert. Greenpeace-Geschäftsführer Martin Kaiser erklärte, bis zu fünf Kraftwerksblöcke müssten nun in den kommenden Jahren vom Netz genommen werden. Genehmigung, Bau und Inbetriebnahme neuer Kraftwerke würden ausgeschlossen und neue Tagebaue verboten.
Auch der Umweltexperte der westfälischen Kirche, Klaus Breyer, bezeichnete das Ergebnis als „ein gutes Zeichen für die politische Kultur in Deutschland“. Die Vorschläge zeigten einen Weg auf, der bei kontinuierlichem Rückbau der Kohle einen sozialverträglichen Strukturwandel ermögliche, der Stromkosten begrenze und die energieintensive Industrie wettbewerbsfähig halte, sagte der Leiter des landeskirchlichen Instituts für Kirche und Gesellschaft. „Angesichts der Klimakrise muss der Kohleausstieg jedoch noch ambitionierter ausfallen“ (siehe auch Gastbeitrag oben).
In diese Richtung geht auch die Kritik von anderer Seite. Die Grünen argumentierten, es brauche mehr, als der jetzige Kompromiss vorsehe, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Die Linken-Vorsitzende Katja Kipping kritisierte, die Vorschläge der Kohlekommission trügen „deutlich die Handschrift der Kohle-Lobby“. Für zu schwach hält der Kieler Klimaforscher Mojib Latif die Empfehlung der Kohlekommission. Seiner Ansicht nach ist ein Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2030 wünschenswert.
Andere Kritik kommt aus der Wirtschaft: Der Energiekonzern RWE hält das empfohlene Abschlussdatum für deutlich zu früh. Zudem kritisierte RWE den Wunsch der Kommission, den Hambacher Forst zu erhalten.

Finanzhilfen für betroffene Regionen

Als Beitrag zum Klimaschutz soll Deutschland bis spätestens 2038 aus der Kohleverstromung aussteigen. Darauf hatte sich die Kohlekommission der Bundesregierung Ende Januar verständigt. Ob auch ein früherer Ausstieg bis 2035 möglich sein könnte, soll nach Vorstellung der Kommission 2032 überprüft werden, sagte der frühere CDU-Politiker Ronald Pofalla, einer der vier Vorsitzenden der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“, bei der Präsentation des Berichts. Der Strukturwandel in den betroffenen Regionen soll mit Finanzhilfen in Höhe von 40 Milliarden Euro flankiert werden.