Ratzeburg. 12,5 Meter ist die Nordmanntanne hoch, die den Marktplatz schmückt – so wie in jedem Jahr. Sie ist eine private Spende aus dem Ort Sterley. „Wir mussten aus technischen Gründen die Tanne schon jetzt aufstellen, da auch der Aufbau der Eisbahn beginnt“, erklärt Holger Rickert-Buttgereit von den Ratzeburger Wirtschaftsbetrieben den frühen Zeitpunkt. „Ansonsten wären wir mit einem normalen Kran nicht mehr hingekommen.“ Dies sei aber schon seit drei Jahren der Fall, seit es die Eisbahn gäbe. Auch der Weihnachtsschmuck und die Lichterketten des Baumes werden in den nächsten Tagen installiert, ebenso die weihnachtliche Straßenbeleuchtung.
Dies sorgt für Diskussionen, nicht nur bei den Passanten. Pastor Stefan Döbler, Sprecher der Nordkirche, kritisiert, dass vielerorts bereits im November die Vorweihnachtszeit eingeläutet werde. „Zur Vorfreude gehört nach christlichem Verständnis das Warten. Das fällt nicht immer leicht, auch mir als Christ nicht.“ Aber worauf sollte man sich noch freuen, wenn Orte schon mitten im November weihnachtlich dekoriert würden und sogar Weihnachtsmärkte öffneten, wenn alles immer gleich präsent, verfügbar ist – und damit irgendwann beliebig wird?“ meint er. Weil in diesem Jahr Heiligabend auf den 4. Advent fällt, ist die Adventszeit besonders kurz. Das kann für Geschäftsleute ein Nachteil sein. Doch: „Dass die Länge dieser Zeit in Abhängigkeit von den Feiertagen schwankt, erleben wir alle Jahre wieder,“ so Döbler.
Eine Frage des Glaubens
„Es ist keine Seltenheit, dass sich Gemeinden bereits Anfang November große Bäume liefern lassen“, erklärt Christian von Burgsdorff, Produzent von Tannenbäumen auf Gut Dobersdorf bei Kiel. Beispielsweise auf vielen Weihnachtsmärkten sei dies aus Platzgründen nötig.
Das Aufstellen eines immergrünen Baums geht auf einen heidnischen Brauch zurück. „Wann eine dekorative Tanne zu einem Christbaum wird, entscheidet ohnehin der Glaube“, meint Pröpstin Frauke Eiben aus dem Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg versöhnlich. Dennoch ist der Anblick der Tanne vielen ein Dorn im Auge – vor der kommenden Friedendekade, dem Volkstrauertag, Buß- und Bettag und dem Ewigkeitssonntag. Stefan Döbler erinnert daran, dass „seit Jahrhunderten diese Stille Zeit eine Zeit des Nachdenkens über Werden und Vergehen, Abschied und Trauer, Buße und Neuanfang ist“.