Artikel teilen:

Ein Kaffee und ein Gebet

Hella Schirocky arbeitet im Café der Auferstehungskirche in Bad Oeynhausen mit. Sie findet: Christen sollen zeigen, wofür sie stehen

Wuchtig steht sie da, die Auferstehungskirche am Kurpark in Bad Oeynhausen, mit ihrem braunen Sandstein und den schnörkellosen Linien der 1950er Jahre. Wer jedoch die Tür öffnet, erlebt eine Überraschung: Hier tritt man nicht in den Kirchraum, sondern in ein Café. Und das hat seine ganz eigene Atmosphäre.

Rosen auf den Tischen und ein Sparschwein

Puristisch ist es eingerichtet, mit Möbeln aus hellem Holz, weißen Säulen, hinter dem Tresen eine Schiebewand aus Holzlamellen. Vielleicht wirkte das Ganze sogar etwas zu nüchtern – wären da nicht die kleinen Vasen mit Rosen auf den Tischen, die liebevoll von Hand geschriebene Speisekarte und das knallgelbe Sparschwein auf dem Tresen. Und natürlich die drei Damen, die an diesem Donnerstag für den Cafébetrieb zuständig sind. Hella Schirocky, Erika Brinkmann und Frau Brandt sorgen für eine Gastfreundschaft der besonderen Art.
Beim Servieren von selbst gebackenen Torten und Kaffeespezialitäten haben sie für jeden Besucher ein Lächeln und ein paar freundliche Worte. „Wir sind wirklich ein tolles Team“, sagt Hella Schirocky, und sie meint damit nicht nur die drei im Café, sondern die mehr als 40 Frauen und Männer, die regelmäßig die Bedienung übernehmen, Torten backen, einmal in der Woche einen Mittagstisch vorbereiten oder auch für einen Rundgang durch die Kirche zur Verfügung stehen.
Denn das „Café im Foyer“ ist mehr als nur ein Café: Hier schaut man vom Tisch aus durch die große Glasfront direkt in den Kirchraum der Auferstehungskirche. Wer mag, kann sich auch von den Mitarbeitenden des Cafés die Kirche zeigen lassen.
Hella Schirocky weiß einiges über deren Geschichte, über die Vorgängerkirche, die während der amerikanischen Besatzung abbrannte, über das wandfüllende Glasfenster des Künstlers Hans Gottfried von Stockhausen und das Nagelkreuz aus Coventry. Rund drei Jahre ist es her, dass Pfarrer Lars Kunkel sie fragte, ob sie nicht Lust hätte mitzuarbeiten. Das Café wäre doch passend für sie, die sich mit fröhlicher Selbstironie als „etwas vorlaut“ charakterisiert. „Erst wollte ich ja gar nicht, ich war schon woanders sehr engagiert“, sagt die 73-Jährige. Inzwischen ist sie überzeugt, an der richtigen Stelle gelandet zu sein.

Beliebt bei Touristen und bei Kurgästen

Café und Kirche sind beliebt bei Touristen, vor allem aber bei Kurgästen, erzählt Schirocky. Bad Oeynhausen hat ein Herzzentrum und viele Reha-Kliniken. Da gibt es viele, die einen stillen Raum suchen, die Möglichkeit, eine Kerze anzuzünden oder eine Bitte ins Gebetbuch zu schreiben – und nach jemandem, bei dem sie sich Sorgen von der Seele reden können.
Das ist eine Herausforderung für das Team des Cafés: „So oft werden wir hier angesprochen von Menschen, die Angehörige im Krankenhaus haben oder selbst auf eine Operation warten“, sagt Schirocky. Vor Kurzem haben daher einige Mitarbeiterinnen eine Fortbildung über Seelsorge in Offenen Kirchen beim Amt für missionarische Dienste absolviert. „Da haben wir gutes Rüstzeug mitbekommen“, erzählt Schirocky, die über 40 Jahre lang eine Buchhandlung geführt hat. „Auf Menschen zugehen, einladend sein, ohne zudringlich zu wirken, manchmal auch Zorn und Traurigkeit aushalten – das ist nicht immer leicht, aber man kriegt auch was zurück.“
Ihr ist ein Mann in Erinnerung geblieben, der eines Tages vor der Tür stand, zögernd, unsicher. Auf ihre Einladung hin trat er schließlich ein, taute auf: Seit 30 Jahren sei er nicht mehr in einer Kirche gewesen, aber jetzt werde seine Frau am Herzen operiert. Nein, Beten könne er nicht – aber in ein gemeinsames Vaterunser, das Helga Schirocky ihm anbot, stimmte er doch ein. „Hinterher hat er mich umarmt“, erzählt Schirocky.

Manche kommen, um ihr Herz auszuschütten

Auch an das junge syrische Paar denkt sie zurück, das früh am Morgen vor der Tür stand und eine Kerze für ihr Heimatland anzünden wollte. „Das kann man ja in unseren Moscheen nicht“, hatte die Frau zu Hella Schirocky gesagt – und die war froh, dass in ihrer Kirche auch ein muslimisches Gebet möglich ist. „Ich glaube sowieso, dass es nur einen Gott gibt“, meint sie. „Und der will, dass wir fröhliche, aufrechte Menschen sind.“
Damit hat Schirocky auch gleich ihre Motivation formuliert, im Café der Auferstehungskirche mitzuarbeiten. „Die Offene Kirche ist ein wichtiges Element, mit dem wir in unserer Gesellschaft zeigen können, wofür wir stehen als Christen“, sagt sie. „Das müssen wir sichtbar leben – sonst werden wir immer weniger.“

Öffnungszeiten: Auferstehungskirche täglich von 9 bis 18 Uhr geöffnet. Café im Foyer: donnerstags 10.30-17 Uhr (mit Mittagstisch), sonntags nach dem Gottesdienst bis 17 Uhr. Kirchenführungen jeden zweiten Samstag im Monat, 15.30 Uhr.