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„Ein Geschenk des Himmels“

Mit Corona fielen plötzlich die Veranstaltungen aus. Künstlerinnen und Künstler standen vor dem Nichts. Eine Initiative hilft

Die Aktion „Künstler unterstützen“ gibt es seit November 2020. Christoph Zehendner, Peter Neubauer und Volker Schmidt-Bäumler – drei christliche Künstler – haben sie gegründet, um andere Künstlerinnen und Künstler in der Corona-Krise zu unterstützen.

„Künstler unterstützen“ – die Idee hat eine kleine Erfolgsgeschichte geschrieben. Bis Sommer 2021 konnte Künstlerinnen und Künstlern geholfen werden, die wegen der Corona-Pandemie kaum Einnahmen hatten. Eigentlich dachte Christoph Zehendner zu dieser Zeit, das Projekt hätte ausgedient. „Ich dachte darüber nach, das Bankkonto wieder zu kündigen. Aber Peter und Volker wollten unsere Aktion weiterlaufen lassen“, sagt Christoph Zehendner. „Das war auch die richtige Entscheidung. Denn zum Herbst hin hat sich die Situation durch Corona  wieder verschlimmert und wieder standen viele Künstlerinnen und Künstler vor abgesagten Veranstaltungen und der Frage, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen.“

Gespräch mit UK gab den Startschuss

Die Vorgeschichte: Im November 2020 führte UK bereits ein Interview mit Christoph Zehendner. Dabei ging es um die Frage, wie es den vielen Künstlerinnen und Künstlern geht – wo durch Lockdowns und Kontaktbeschränkungen für viele die Existenzgrundlage wegbrach. Auch Christoph Zehendner ist Künstler. Musiker, um genau zu sein. „Aber ich habe noch ein anderes Standbein, ich arbeite in der Christusträger-Bruderschaft im Kloster Triefenstein und habe darüber auch ein Einkommen“, berichtet der Journalist und Theologe.

Ihm und seinen beiden Künstler-Kollegen Peter Neubauer und Volker Schmidt-Bäumler fiel damals auf, wie viele Künstlerinnen und Künstler durch die Lockdowns keine Möglichkeit mehr haben, Geld zu verdienen. So entschieden sie, Geld zu sammeln und weiterzugeben an die, die es dringend brauchen. Seit Januar ist auch Jan Primke aus Dortmund, Musiker, Produzent und Sprecher, mit an Bord.

„Anfangs hatten wir keine Vorstellung davon, wieviel da zusammenkommen könnte“, sagt Christoph Zehendner. Angespornt durch das Gespräch mit UK, beschlossen die drei ihre Initiative zu starten. Seitdem sind schon über 175 000 Euro auf ihrem Konto eingegangen. Das Geld wird eins zu eins ausgezahlt – direkt und unbürokratisch. Rund 100 Künstler sind bislang unterstützt worden, darunter Tontechniker, Tänzer, Sängerinnen und Sänger, Musikerinnen und Musiker, Produzenten, Puppenspieler, Pantomimen und Zauberkünstler.

Eine von ihnen ist Anna Dorothea Mutterer. Die 29-Jährige ist Musikerin. Violinistin, um genau zu sein. „Bis zum März 2020 war ich selbstständig und habe mein Geld durch Konzerte und Auftritte verdient. Damit war dann schlagartig Schluss“, erzählt Anna Dorothea Mutterer. Da sie aber von irgendetwas leben musste, hat sie sich einen Job als Aushilfe in einem Restaurant gesucht. „Das war aber im November 2020 auch vorbei. Ich war ja nur Aushilfe und als der nächste Lockdown kam, hatte ich wieder nichts.“

In jenen für sie schweren Wochen kam Christoph Zehendner auf sie zu und hat ihr Unterstützung angeboten. „Das kam genau zur rechten Zeit und war ein Geschenk des Himmels“, sagt die Musikerin. „Es war nicht nur das Geld, das ich gut gebrauchen konnte. Was mir so gut getan hat war, dass da Menschen sind, die mich in meiner Not sehen.“ Nach Mutterers Erfahrungen fallen die meisten Künstler durch das Raster und profitieren kaum von staatlicher Unterstützung.

Anna Dorothea Mutterer sagt, sie kann vorerst nicht mehr nur von ihrer Kunst leben. Deswegen hat sie sich in diesen ungewissen Zeiten eine Festanstellung gesucht und gefunden: Im Kampfsportzentrum Würzburg. „Da habe ich eine halbe Stelle und arbeite dort im Büro, am Tresen und auch als Trainerin.“ Die erste Festanstellung in ihrem Leben will sie so schnell auch nicht wieder aufgeben. „Ich schätze, die Wintermonate werden in den nächsten Jahren immer wieder hart sein.“

Für Anna Dorothea Mutterer ist es eine große Umstellung: von der international gefragten Solo-Violinistin nun zum Halbtagsjob in Würzburg. „Aber ich bin einfach dankbar für die erlebte Unterstützung und die Möglichkeiten, die ich jetzt habe.“

Christoph Zehendner kennt viele ähnliche Geschichten. „Die Menschen, die wir bislang unterstützt haben, melden sich bei uns. Sie sind so dankbar für diesen Hoffnungsschimmer“, sagt er. „Auch wenn unsere Unterstützung nicht sehr viel ist, aber allein dass jemand ihre Not sieht, tut gut.“ Auf der Internetseite der Initiative kuenstlerunterstuetzen.de gibt es neben verschiedenen Informationen auch Dankesworte der unterstützten Künstler.

Hilfe für den Puppenspieler

Auch der Puppenspieler Gernot  Hildebrand ist glücklich über die erlebte Hilfe. Er tritt mit seinem Marionettentheater vor allem in Pflegeheimen auf. In den letzten beiden Jahren fielen die Hälfte der Aufträge weg. Und damit natürlich auch die Einnahmen. Doch die Ausgaben bleiben nahezu gleich. „Und da kommen die Wunder Gottes ins Spiel, vor denen ich immer wieder staunend stehe“, sagt der Puppenspieler in seinem Dank an die Aktion. „Ein für mich ganz bedeutendes und großes Wunder ist die Initiative Künstler unterstützen. Tatsächlich jedes Mal, wenn‘s so richtig knapp wurde und ich an den Rand der Zahlungsunfähigkeit kam, kam Hilfe. Der Herr ist mein Hirte. Mir wird nichts mangeln.“

Mehrmals hat er Hilfe bekommen. Auch er sagt, mindestens genauso wohltuend sei es, dass ihm Christoph Zehendner, Peter Neubauer und Volker Schmidt-Bäumler immer wieder Mut gemacht haben. „Sie vermittelten mir: ,Was du tust, ist so wertvoll, dass sich andere um den Erhalt deines Dienstes kümmern.‘ Das ist großartig und darüber freue ich mich. Ganz großen Dank an alle Sponsoren und alle Mitarbeitenden.“

So etwas motiviere, sagt Christoph Zehendner. „Im Moment ist bei vielen Künstlern die Not wieder groß. Gleichzeitig ist es toll, welche Erfahrungen wir machen“, sagt er. „Wir sind so dankbar für alle Unterstützer.“ Ein Kirchenkreis hatte einen hohen Beitrag überwiesen. Daraufhin hat er nachgefragt. „Ich erfuhr, dass da ein Kirchenmusiker angestoßen hat, dass für unsere Aktion auf Kirchenkreisebene gesammelt wird.“ Oft geht Geld auf dem Konto ein und es steht nur ein Name dabei. „Da können wir uns gar nicht bedanken.“ Manchmal ergeben sich aber auch gute Kontakte. „Da hat jemand einen Artikel über unsere Initiative gelesen und Geld geschickt. Ich habe ihm als Dankeschön ein Buch geschickt. Daraufhin hat er sich bedankt und einen Dauerauftrag geschaltet.“

Eines ist Christoph Zehendner noch wichtig: „Künstler unterstützen ist keine Spendenaktion, wir können keine Spendenquittung ausstellen. Es handelt sich bei uns um Schenkungen.“ Ein Spendenkonto wäre bürokratisch ein sehr viel höherer Aufwand gewesen, erklärt er. „So sind wir einfach drei Typen, die ein Konto haben, auf dem sie Geld sammeln – und das verschenken sie dann.“