Im Norden von Freital, nahe der Landeshauptstadt Dresden, liegt der Stadtteil Pesterwitz. Ein 40 Meter hoher Kirchturm überragt den Ort und ist weithin sichtbar, auch vom einstigen Friedhofsgelände, das im Jahr 2013 nach Ablauf der Liegefrist entwidmet wurde. Die Umgestaltung zu einem öffentlichen Park ändert nichts am Blickkontakt zum großen Gotteshaus, der St.-Jakobus-Kirche von Freital-Pesterwitz.
Sie ist ein Kulturdenkmal und als solches entsprechend geschützt. Für den neuen Park auf dem Areal des einstigen Neuen Friedhofs wird man zukünftig wohl einen massiven Schutz gegen tierische Eindringlinge schaffen müssen. Anderenfalls droht die Vernichtung der Arbeit vieler engagierter Menschen. Beim Besuch der Grünanlage im Oktober waren jedenfalls die Spuren von Wildschweinen nicht zu übersehen.
Der historische Baumbestand ist weitgehend erhalten geblieben
Als „Neuer Friedhof“ ist der Gottesacker im Jahr 1897 geschaffen und geweiht worden. Das erste Begräbnis galt einem Gutsbesitzer namens Beger. Die erhaltene Familiengrabstätte erinnert daran und soll demnächst restauriert werden. Ende des 20. Jahrhunderts machte die allgemeine Entwicklung der Friedhöfe auch vor Freital nicht Halt, so dass immer weniger Bestattungen in Sarggräbern mehr und mehr ungenutzte Stellen auf der 6000 Quadratmeter umfassenden Fläche entstehen ließen. Nach der Entwidmung erfolgte die Übertragung an die Stadt Freital, die das Gelände für die Lebenden der Region zu einem grünen Freiraum umgestalten wollte.
Der Platz hat Geschichte. Diese sichtbar zu machen und auch nach der Umgestaltung zu würdigen, war das Ziel der Stadtverwaltung und vieler professioneller und ehrenamtlicher Akteure. Der historische Baumbestand ist weitgehend erhalten geblieben, was dem geschichtsträchtigen Ort auch im jetzigen Zustand eine gewisse Erhabenheit verleiht. Liegengebliebene Grabsteine sind gesichert und als Zeitzeugen im Park belassen sowie alte Wege und Bänke hergerichtet worden.
Unterricht im Grünen für Kinder
Es bestehe der Wunsch, dass Kinder der „Grundschule am Parkweg“ in den Pausen oder im Unterricht den Park besuchen, sagte vor Beginn der Arbeiten Lutz Grohmann, der als Planer für die Entwicklung des Parks zuständig war. Er wünschte sich einen Raum für Unterricht im Grünen. Im Zuge der Umgestaltung sind Sträucher und Bodendecker gepflanzt sowie Bänke und Papierkörbe aufgestellt worden. Die Aktion begann im Frühjahr 2023 zusammen mit Vereinen, Firmen und Privatpersonen.
Als erste konkrete Maßnahme rodete die Diakonie Freital die Fläche. Dabei ließ man gesunde Bäume stehen und pflanzte junge. Im nächsten Sommer sollen Blühwiesen die Insekten anlocken. Auf Anfrage teilt Pressesprecher Matthias Weigel aus dem Büro des Oberbürgermeisters mit: „Die Kosten liegen bei rund 285000 Euro. Sie werden nahezu komplett aus dem Haushalt der Stadt Freital finanziert. Etwa 25000 Euro werden als Eigenleistung der Ortschaft beigetragen.“
Wildschweine könnten den “Leisepark” bedrohen
Die alte Toranlage wurde aufgearbeitet und wieder eingebaut. Daneben gibt eine Informationstafel Auskunft sowohl über den historischen Zustand als auch die durchgeführte Aktion. Zusätzlich sei die Sanierung der Beger Grabstätte sowie zwei weiterer Denkmale für 2024 geplant. In seiner Eröffnungsrede zur Einweihung am 23. August sagte Oberbürgermeister Uwe Rumberg: „Die Bevölkerung sowie Vereine und Unternehmen haben mit einem erheblichen Teil an Eigenleistungen und Arbeitsleistungen zum Gelingen beigetragen.“ Das Ergebnis einer Spendenaktion seien beispielsweise 15 Bäume, zehn Großsträucher und sieben Bänke für den Park.
Auf die Frage nach den tierischen Besuchern, deren Spuren wenige Wochen nach der Eröffnung auf dem neu angelegten Rasen deutlich sind, teilt der Bürgermeister mit: „Vorab waren keine Wildschweinspuren erkennbar.
Das Thema tauchte jetzt unvermittelt auf.“ Zum gegenwärtigen Zeitpunkt seien noch keine konkreten Maßnahmen geplant. „Es finden jedoch Gespräche unseres Sachbereichs, Umwelt und Grün‘ mit dem Ortsvorsteher sowie Jagdpächter und weiteren Beteiligten über mögliche Lösungsansätze statt.“ Was die Bevölkerung zum Eindringen der Wildschweine sage, sei ihm nicht bekannt.
Historische Lucknerkapelle und „das Sechsfache Tränenopfer“
Bei einem Aufenthalt in Freital lohnt es sich, Zeit für den Besuch des aktiven Friedhofs der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Pesterwitz einzuplanen. Dieser Gottesacker, ein gepflegtes Kleinod mit Bauwerken, die als Kulturdenkmale ausgewiesen sind, ist nur wenige Schritte vom Leisepark entfernt.
Am Eingang fällt die historische Lucknerkapelle ins Auge. In ihr sind Familienangehörige des in Dresden geborenen Georg Graf von Luckner (1881–1966) bestattet worden, der als Marineoffizier im Ersten Weltkrieg und Autor des Buches „Seeteufel“ zu Ruhm gelangte. Die Kapelle, die seinen Namen trägt, stammt aus dem Jahr 1859 und befindet sich seit 1977 im Eigentum der Pesterwitzer Kirchengemeinde.
Zu den weiteren bedeutenden Denkmalen auf dem Pesterwitzer Friedhof gehört „Das Sechsfache Tränenopfer“, eine Grabstätte der Pfarrersfamilie Opitz, die in den 1760er Jahren sechs Familienmitglieder verlor, sowie das unter Denkmalschutz stehende Bergmannsgrab in Erinnerung an das schwerste Grubenunglück Sachsens im Jahr 1869.