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Eiercrash – Wer gewinnt den Härtetest?

Der eine schwört auf lateinische Gebete, die andere auf die richtige Farbe. Dabei kommt es beim österlichen Eier-Duell vor allem auf die härteste Schale an. Es gilt: Größenwahn verliert – und Jung schlägt Alt.

“Mit Essen spielt man nicht” – wer Großeltern oder Eltern hat, die noch Krieg und Hunger erlebt haben, kennt den Spruch. Zu Ostern gilt er nicht. Da werden haufenweise Eier versteckt, gerollt, übers Haus geworfen, im Wettlauf durch einen Parcours transportiert oder gegeneinander geschlagen. Das Eier-Titschen ist weltweit verbreitet und Jahrhunderte alt.

Klöckeln, Kippen, Kitschen, Pecken, Dotzen – je nach Region heißt das Duell anders. Wie es funktioniert, hat der Oberpfälzer Volkskundler Franz Xaver von Schönwerth schon 1890 beschrieben: “Zwei stoßen die Eyer aufeinander, zuerst Spitz auf Spitz, dann Spitz auf Arsch oder umgekehrt. Wessen Ey bricht, verliert es an den anderen.” Wobei es sich empfiehlt, hartgekochte Ware zu verwenden, sonst gibt es eine Sauerei.

Man spielt es am Frühstückstisch oder auf offener Straße, zum Beispiel in Bern oder Leutkirch im Westallgäu. Manche datieren die Anfänge des Brauchs ins 14. Jahrhundert zurück. Zu diesem Zeitpunkt stehen Hühnereier schon mindestens 1.700 Jahre lang auf dem Speisezettel des Menschen. Das haben Archäologen 2022 beim Ausbuddeln einer Müllgrube aus der Eisenzeit in Nördlingen festgestellt.

Was der Zweikampf mit Ostern zu tun hat? Eine christliche Deutung besagt, der Eier-Crash symbolisiere das Aufbrechen des Grabes Jesu bei dessen Auferstehung. Ob das den Spielerinnen und Spielern heute noch bewusst ist?

Wie in jedem Sport gibt es auch beim Egg Pocking (USA) oder Eiertikken (Niederlande) Amateure und Profis. Das zeigt ein Blick auf die kursierenden Gewinnstrategien. “Eier vor dem Pecken anfeuern, ihr Selbstvertrauen stärken, in ca. 50 Prozent der Fälle funktioniert es”, schreibt da jemand unter dem Pseudonym “Kupfergurke” an die Wiener Tageszeitung “Der Standard”.

Zumindest lokalen Legendenstatus als Champion genießt Altbürgermeister Leo Hackenspiel aus Cham im Bayerischen Wald. Worauf er schwört? Man müsse ein am Gründonnerstag gelegtes Ei nehmen, das sei besonders hart. Außerdem spreche er vor jedem “Oiapicka” stets die Worte: “Möge es gut, glücklich und gesegnet sein.” Auf Latein. 2024 fand Hackenspiel jedoch seinen Meister im amtierenden Rathauschef. Also muss es doch noch solidere Erfolgsrezepte geben.

Grundkenntnisse in Physik und Biologie können nicht schaden. Das Ei ist ein Wunderwerk der Natur, außen hart und innen ganz weich. Durch seine Form hält es gewaltigen Kräften stand – weshalb seine Schale von Architekten beim Bau großer Kuppeln wie dem Petersdom nachgeahmt wurde.

Prallen zwei Autos aufeinander, sind in der Regel beide kaputt. Bei Eiern ist das so gut wie nie der Fall. Warum? Weil – entgegen der Redensart – eben kein Ei dem anderen gleicht. Die Schale ist 0,2 bis 0,4 Millimeter stark und besteht hauptsächlich aus Calciumcarbonat. Doch nun zu den feinen Unterschieden.

Jüngere Hühner legen stabilere Eier als ihre älteren Stallgenossinnen, weiß Philipp Spitzer von der Uni Graz. Er empfiehlt, vor allem bei der Auswahl genau hinzuschauen. Die Eier jüngerer Hennen sind kleiner. Eine glatte Oberfläche spricht ebenfalls für erhöhte Haltbarkeit. Keine Rolle spielt dagegen die natürliche Farbe. Ob Braun oder Weiß, ist fürs Eier-Anstoßen egal. Auch länger kochen hat keinen Effekt. Besser sollte man prüfen, ob die Schale wirklich intakt ist, und dabei auch feine Risse nicht übersehen.

Die härteste Stelle ist die Spitze, weshalb die Stöße möglichst mit derselben auszuführen oder aufzufangen sind. Dann verteilen sich die Kräfte beim eigenen Ei idealerweise symmetrisch der Schale entlang, während das andere Ei zerbricht. Der Wiener Experimentalphysiker Werner Gruber bringt es auf den Punkt: “Sie müssen mit der Spitze Ihres Eis das gegnerische Ei leicht seitlich treffen, dann gewinnen Sie.”

Auch Grifftechniken können helfen. Manche klemmen ihr Ei vor der Kollision wie eine Zigarre zwischen Zeige- und Mittelfinger. Andere umschließen es mit der ganzen Hand, so dass nur die Spitze herausragt. Aber Vorsicht: Bei einem impulsiven Angriff kann das eine schmerzhafte Taktik sein.