Sie stecken in hippen, bunten Schachteln und schmecken nach Kirsch-Banane, Vanille oder Schwarzwälder Kirschtorte. E-Zigaretten wirken wie trendige Lifestyle-Accessoires, doch Mediziner warnen: Vape-Produkte sind alles andere als harmlos. Die Trägerflüssigkeiten (Liquids), die bei der Benutzung von E-Zigaretten verdampfen, enthalten oft Nikotin und andere Schadstoffe. „Sie sind gesundheitsschädlicher, als zunächst vermutet“, sagt Reiner Hanewinkel (62), Leiter des Kieler Instituts für Therapie- und Gesundheitsforschung (IFT-Nord) anlässlich des Weltnichtrauchertags am Freitag, 31. Mai.
In einem Positionspaper warnen diverse wissenschaftliche Fachgesellschaften vor Gesundheitsrisiken, fordern ein Verbot von Aromen in E-Zigaretten, ein Verbot von Einweg-E-Zigaretten und einen besseren Jugendschutz. Dagegen betont der Verband des E-Zigarettenhandels, dass E-Zigaretten die beste und am wenigsten schädliche Alternative für Aus- und Umsteiger von der klassischen Tabakzigarette seien.
E-Zigaretten verlängern die Sucht
Hanewinkel widerspricht: „Eine neue Studie zeigt, dass E-Zigaretten die Sucht verlängern.“ Nikotinpflaster, medizinische Beratungen oder Medikamente seien wesentlich wirksamer. Um die Frage zu klären, inwieweit E-Zigaretten harmloser sind, haben amerikanische Wissenschaftler 107 Studien ausgewertet. Ergebnis: „Es gibt kaum Unterschiede zwischen Vapen und Tabakkonsum“, sagt der Institutsleiter.

Durch Vapen sei das Risiko für Schlaganfälle, Herzinfarkt oder Diabetes genauso groß wie durch Tabakkonsum. Hanewinkel: „Lungenerkrankungen wie Asthma oder COPD werden fast genauso oft durch E-Zigaretten verursacht.“ Dabei würden rund 50 Prozent der Vaper gleichzeitig auch Tabak konsumieren. „Wir vermuten, dass sich durch diese Kombination das Gesundheitsrisiko deutlich erhöht“, sagt der Medizinpsychologe, der seit zehn Jahren über E-Zigaretten forscht.
Beim Verdampfen entstehen laut IFT-Nord Hunderte Substanzen mit giftigen Eigenschaften. E-Zigaretten enthalten zudem Formaldehyd, Acrolein und andere krebserregende und lungenschädigende Stoffe. Diese Substanzen könnten Blutgefäße schädigen und die Funktion des Herzens beeinträchtigen.
E-Zigaretten: Aromen machen süchtig
Dazu kommen die Aromen, die ebenfalls süchtig machen und mit Düften nach Apfel oder Melone suggerieren, dass das Produkt gesund sei. „Aromen wie Schokolade oder Kaugummi versprechen Spaß und locken gezielt junge Menschen an, süchtig machende Substanzen zu konsumieren und vielleicht nikotinabhängig zu werden“, kritisiert Hanewinkel. Für einzelne Aromastoffe hätten Studien eine gesundheitsschädigende Wirkung belegt. Besonders problematisch findet der Medizinpsychologe, dass Aromen den Hustenreiz vermindern, es werde tiefer und länger inhaliert. „Aromen erleichtern den Einstieg ins Rauchen und haben gerade für Jugendliche eine konsumfördernde Wirkung.“ Hinzu kämen noch die „coole Aufmachung“ und die Werbung über Influencerinnen und Influencer auf Social Media.
Der Hype um den süßen Dampf wirkt. Laut der Deutschen Befragung zum Rauchverhalten (DEBRA) ist 2022 der Anteil junger Raucherinnen und Raucher gegenüber dem Vorjahr stark gestiegen: Mit 16 Prozent hat sich die Zahl rauchender 14- bis 17-Jährigen verdoppelt, unter den 18- bis 24-Jährigen rauchten knapp 41 Prozent. Die Krankenkasse DAK stellte in einer Studie fest, dass 2023 mehr als jeder fünfte Jugendliche (21,7 Prozent) bereits E-Zigaretten geraucht hat.