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Dutzende Fäkalienentsorger seit Jahresbeginn in Indien gestorben

Die Dalit – ehemals “Unberührbare” – stehen im indischen Kastensystem ganz unten. Bis heute verrichten sie schmutzigste Arbeiten – oft mit tödlichem Ausgang, wie Aktivisten beklagen. Die Regierung gibt sich ahnungslos.

Menschenrechtler prangern den Tod von Dutzenden Fäkalienentsorgern aus den Reihen der einst sogenannten “Unberührbaren” an. “Laut den von unserer Organisation zusammengestellten Daten sind in den vergangenen sechs Monaten mehr als 40 Fäkalienentsorger gestorben”, sagte Bezwada Wilson dem asiatischen Pressedienst Ucanews (Mittwoch). Wilson war 2016 mit dem als “asiatischer Nobelpreis” bezeichneten “Ramon Magsaysay Award” für sein Engagement zur Beendigung der manuellen Fäkalienentsorgung in Indien geehrt worden.

Die Menschenrechtler wandten sich mit der Veröffentlichung gegen die Behauptung der indischen Regierung, dass es in den vergangenen fünf Jahren im Land keine Todesfälle durch manuelle Fäkalienentsorgung gegeben habe. Dies hatte Sozialminister Ramdas Athawale kürzlich während einer Debatte im Rajya Sabha (Oberhaus) erklärt. Laut indischen Medien starben seit 2019 aber 330 Menschen bei der manuellen Fäkalienentsorgung.

Pater Nicholas Barla, ehemaliger Sekretär der Kommission für Stammesangelegenheiten der katholischen Bischofskonferenz von Indien, sagte Ucanews: “Die Reaktion der Regierung überrascht mich nicht, denn sie meint es nicht ernst damit, den Armen und Stimmlosen zu helfen.” Die manuelle Fäkalienentsorgung sei “die größte Beleidigung, die wir uns vorstellen können”, sagte Barla. Nach Informationen der von Wilson gegründeten “Safai Karmachari Andolan” (Bewegung der Fäkalienentsorger) werden in Indien noch immer Kloaken von mehr als 1,3 Millionen Dalit, den ehemals “Unberührbaren”, manuell gereinigt.

Bei der manuellen Reinigung kriechen die Arbeiter in Sickergruben und die Kanalisation. Die manuelle Reinigung der Kloaken begann in Indien unter britischer Herrschaft, als die Kolonialherren die tägliche Reinigung der Sickergruben verfügten. Trotz der Verbreitung von Toiletten mit Wasserspülung besteht die Praxis in Indien und Pakistan weiter. Ein indisches Gesetz gegen die Beschäftigung manueller Fäkalienentsorger aus dem Jahr 2013 zeigte bisher wenig Wirkung. Im mehrheitlich islamischen Pakistan werden vor allem Christen für diese Arbeit eingestellt. In Stellenanzeigen der Stadtverwaltungen heißt es immer wieder offen, dass sich nur “Nicht-Muslime” bewerben können.