Artikel teilen:

Durchschnittliches Europainteresse in Grenznähe überrascht Forscher

Wer in einer Grenzregion lebt, brennt nach Untersuchungen von Saarbrücker Forschern nicht automatisch mehr für Europa als Menschen im Inland. Für diese Erkenntnis haben der Postdoktorand Moritz Rehm, Soziologieprofessor Martin Schröder und Politikprofessor Georg Wenzelburger von der Universität des Saarlandes die Angaben von rund 25.000 Deutschen aus dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) untersucht, wie die Universität am Mittwoch in Saarbrücken mitteilte. „Die Ergebnisse zeigen erstaunlicherweise, dass das Leben in einer Grenzregion nicht mit einer stärkeren Bindung an Europa einhergeht“, sagte Schröder.

„Die drei Autoren raten als Schlussfolgerung aus ihren Beobachtungen von einer ‘allzu optimistischen Vorstellung’ von Grenzregionen als Biotope glühender Europa-Verbundenheit ab“, erklärte die Universität. Die Forscher wollten nun untersuchen, weshalb die Europa-Verbundenheit in Grenzregionen nicht höher als im Inland sei. „Europa könnte einerseits in Grenzregionen stärker zu spüren sein als im Binnenland; genauso gut könnten Grenzregionen andererseits abseits aller Europa-Romantik auch gleichzeitig Konfliktzonen sein, in denen nationale Unterschiede unvermittelter aufeinanderprallen als im Inland“, erläuterte die Universität.

Die Forscher erklärten, dass die Fragestellungen im Sozio-oekonomischen Panel auf die emotionale Verbundenheit der Teilnehmenden mit Europa zielten. Differenzierte Fragen, die auf konkrete EU-Politik eingingen, könnten andere Ergebnisse erzielen. Zudem spekulieren sie, dass das Leben in einer Grenzregion möglicherweise die Identifikation mit dem Nachbarland erhöhe, aber nicht mit Europa. Des Weiteren basierten die Daten nur auf deutsche Grenzregionen, weswegen sich keine Schlussfolgerung für Grenzregionen im Allgemeinen ziehen lasse, betonten sie.

Das Sozio-oekonomische Panel ist nach eigenen Angaben eine forschungsbasierte Infrastruktureinrichtung am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Zudem ist es auch eine langfristig laufende Panelstudie, für die jährlich etwa 30.000 Menschen in knapp 15.000 Haushalt befragt würden. Das SOEP-Team bereite die Befragungsdaten so auf, dass Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen aus der ganzen Welt sie nutzen könnten, und betreibe auch eigene Forschung, hieß es.