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Doku zeichnet die Entstehung eines Literaturklassikers nach

In der Adventszeit sind viele Menschen offen für einen gewissen Zauber: ein guter Zeitpunkt also, um auf die Entstehungsgeschichte des vielleicht bekanntesten modernen Märchens zu blicken.

Auch 80 Jahre nach dem ersten Erscheinen birgt ein Klassiker der Weltliteratur kaum bekannte Details und Überraschungen um seine eigene Geschichte. Am 6. April 1943 erschien zunächst in New York das Märchenbuch “Der kleine Prinz” (“The Little Prince”) des französischen Autors und Berufspiloten Antoine de Saint-Exupery. Weltbekannt ist die Fabel in 27 kurzen Kapiteln um die Themen Freundschaft, Menschlichkeit und Liebe; sie gehört weltweit zu den meistgelesen Büchern.

Nur wenige aber wissen etwas über die Entstehung: Am späteren Abend des 20. Dezember zeichnet die Arte-France-Dokumentation “Der kleine Prinz – Man sieht nur mit dem Herzen gut” anschaulich die einzigartige Geschichte dieses Werks nach.

Der Dokumentarfilm des österreichischen Regisseurs vietnamesischer Herkunft Vincent Nguyen setzt im Mai 1940 ein. Da lebte der am 29. Juni 1900 in Lyon geborene Antoine de Saint-Exupery – ohne seine Ehefrau Consuelo – nach der Kapitulation Frankreichs im Exil in New York.

In 59 interessanten Minuten schildert der Film mit guten Animationen, historischen Filmausschnitten und vielen, zum Teil privaten Originalfotos die von künstlerischen, politischen und auch amourösen Abenteuern geprägten Jahre. Bis hin zu seinem mysteriösen Verschwinden bei einem Aufklärungsflug der Armee über dem Mittelmeer – der Start am 31. Juli 1944 gilt als Todestag von de Saint-Exupery.

Als im Juni 1942 die Idee zu einer Geschichte entstand, die in Erinnerung ruft, was die Menschen verbindet, machte dem Autor und Armee-Piloten nicht nur der Krieg zu schaffen, sondern es gab auch Probleme in seiner Ehe. Im Film heißt es, als seine US-Verleger Eugene Reynal und Curtis Hitchcock ihm vorschlugen, ein Märchen zu schreiben, sei de Saint-Exupery sofort Feuer und Flamme gewesen. Ständig kritzelte und zeichnete er ein kleines Männchen, erinnerte sich daran, dass er nach einer Bruchlandung einmal inmitten der Wüste Sahara auf sich gestellt war – als Proviant hatte er damals eine Thermosflasche mit Kaffee, einen Viertelliter Weißwein und ein paar Tauben für sich und seine Mechaniker dabei. Nach ein paar Tagen begannen sie zu halluzinieren, bis eine Karawane sie rettete …

De Saint-Exupery – von Freunden “Toine” genannt – hat sich von seinen eigenen Erfahrungen inspirieren lassen, und die Wüste kannte er gut. “Es gab Dinge, die er als erfahrener Pilot nicht glauben wollte”, heißt in der Doku. “Aber das Kind, das noch immer in ihm steckt, glaubte die Bilder sehr wohl. Am Ende hat dieses Kind gewonnen – das war seine Rettung!” Von seiner Frau und Muse Consuelo de Saint-Exupery ist folgende Einschätzung überliefert: “Er brauchte es, bemuttert zu werden und ich habe ihn oft mein Kind genannt.”

Um dem Getümmel der Großstadt New York in Gedanken zu entfliehen, ließ der Autor – in Anlehnung an sein eigenes Wüsten-Abenteuer – das Märchen mit seinem Männchen, mittlerweile zu einem kleinen Prinzen im grünen Hosenanzug geworden, in karger Kraterlandschaft spielen. Mit wenigen Zutaten entstand die ebenso zeitlose wie universelle und philosophische Fabel, die bis heute Menschen jeden Alters in ihren Bann zieht.

Als “Der kleine Prinz” (im französischen Original “Le Petit Prince”) 1943 erschien, war der Autor als Berufspilot der Armee längst wieder irgendwo über dem Ozean unterwegs. Über Briefe versuchte Saint-Exupery Kontakt zu seiner geliebten Ehefrau zu halten; einmal bat er sie auch, ihm ein paar Exemplare zu schicken. Doch vom weltweiten Erfolg seines selbst illustrierten Märchens – über 200 Millionen verkauften Exemplare, in 545 Sprachen übersetzt -, hat “Toine” nie erfahren. Auch das wird in der Doku anhand der Erinnerungen ihm nahestehender Personen belegt. Aber für Zahlen interessieren sich ohnehin nur die Erwachsenen.