UK 12/2017, Integration (Leitartikel Seite 1: „Schwierige Gemütslage“)
Es stimmt, dass es bei der Zustimmung zu Erdogans AKP im Kern nicht um Politik geht, sondern um Gefühle; Gefühle von Heimat und Heimweh (besonders der ersten „Gastarbeiter“-Generation), von Identität und (fehlender/unzureichender) Verankerung in der hiesigen Gesellschaft durch fehlende/mangelhafte Beteiligung. Um diesem entgegenzuwirken ganz aktuell der Vorstoß von SPD und Grünen, ein Kommunalwahlrecht für Nicht-EU-Ausländer – das heißt der „größten Minderheit in Deutschland“ – zu verankern. Nur wem eine praktische politische Beteiligung an unseren gesellschaftlichen Prozessen zugetraut wird, interessiert und engagiert sich in diesem Land. Leider ist der Vorstoß diesmal gescheitert.
Richtig finde ich Ihre Einschätzung, dass Erdogans AKP es meisterhaft versteht, die Gemütslage vieler hier lebender Türken für ihre Ziele auszunutzen. Falsch ist die Aussage, dass „2015 etwa 60 Prozent der Stimmen der in Deutschland lebenden Türken“ diese Partei gewählt haben. In einer diese Woche geführten Diskussion im Deutschlandfunk wurde festgestellt, dass 2015 nicht einmal 50 Prozent der hier lebenden Türken (mit türkischem Pass!) zur Wahl gegangen sind; davon haben dann ca. 60 Prozent die AKP gewählt. So reduziert sich die Gesamtzahl der türkischen Erdogan-Anhänger doch drastisch.
Meine seit mehr als 30 Jahren bestehenden Beziehungen zu vielen Türkinnen und Türken in meiner Heimatstadt bestätigen mir zusätzlich eine deutliche Distanz zu den Entwicklungen in der Türkei.
Andrea Dahmen, Herne
Anmerkung der Redaktion: Frau Dahmen hat Recht. Es geht jeweils nur um den Anteil an den abgegebenen Stimmen. Der lag in Deutschland bei etwa 60, in der Türkei bei etwa 50 Prozent. Unsere Formulierung war zumindest missverständlich.