Artikel teilen:

Diese 8 Kirchen-Bräuche findet die Unesco besonders schützenswert

Glockenguss, Passionsspiele und Prozessionen: Viele Bräuche mit Kirchenbezug gelten als Unesco-Kulturerbe. Diese acht Beispiele zeigen, wie lebendig christliches Brauchtum in Deutschland ist.

Sie spenden Trost, stiften Gemeinschaft – und gehören zum immateriellen Erbe der Menschheit: Zahlreiche Traditionen in Deutschland sind von der Unesco als besonders schützenswert anerkannt. Zu den rund 170 immateriellen Kulturgütern in Deutschland mit Unesco-Auszeichnung gehört seit diesem Jahr der Glockenguss – doch er ist nicht das einzige mit kirchlichem Hintergrund.

2014 wurde der Orgelbau als immaterielles Kulturerbe gewürdigt. Man wolle die Vielfalt der Orgelwelt in Deutschland ehren, erklärte die Unesco vor zehn Jahren. Die besonders reiche und lebendige Kultur des Orgelbaus und der Orgelmusik zeige sich heute mit bundesweit 50.000 Orgeln, 400 handwerklichen Orgelbaubetrieben und rund 3.500 hauptamtlichen und zehntausenden ehrenamtlichen Organisten.

Seit 2015 gilt auch die Sternsingeraktion als schützenswert. Um den 6. Januar ziehen jährlich rund 300.000 Kinder und Jugendliche als Heilige Drei Könige verkleidet durch Städte und Dörfer und bringen den Segen für das neue Jahr. Dabei sammeln sie für Hilfsprojekte weltweit. Organisiert wird die Aktion seit 1959 deutschlandweit vom katholischen Kindermissionswerk in Aachen.

Die (Dom-)Bauhütten wurden als ebenfalls eng mit der Kirche verbundenes Phänomen 2018 zum immateriellen Kulturerbe in Deutschland erklärt. Seit dem 13. Jahrhundert entwickelte sich an den Kathedralen in Europa eine spezialisierte Bauorganisation, die fest an den Kirchen angesiedelt wurde – zuvor wurde der Kirchbau meist von umherziehenden Baugruppen übernommen. Die heutige Ausbildungslaufbahn vom Lehrling, über den Gesellen zum Meister habe in diesen Bauhütten ihren Ursprung, so die Unesco. Als “Kompetenzzentren für Naturstein” hätten vor allem die großen Bauhütten einen Vorteil gegenüber herkömmlichen Steinmetzbetrieben.

Neben bundesweiten Aktionen und Gewerken gehören einige lokale Feste und Traditionen zum immateriellen Kulturerbe. So sind die Passionsfestspiele in Oberammergau seit 2014 Teil der Unesco-Liste. Sie gehen auf ein Gelöbnis des bayerischen Dorfes im 17. Jahrhundert zurück. Seit fast 400 Jahren wird Oberammergau alle zehn Jahre zum Spielort einer großen Inszenierung – mit Darstellern, die nicht aus Hollywood, sondern aus dem eigenen Ort stammen. Allabendlich sind zu den Passionsspielen rund 2000 Menschen auf und hinter der Bühne beschäftigt. Das Szenen- und Kostümbild wird ebenfalls von ortsansässigen Handwerkern gefertigt.

Doch nicht nur in Bayern wird an die Leidensgeschichte Jesu’ erinnert. Auch im katholischen Landkreis Eichsfeld hat die Heiligenstädter Palmsonntagsprozession einen Platz auf der Unesco-Liste. “Die Prozession hat wesentlich dazu beigetragen, in diesem Raum die kulturelle und konfessionelle Eigenart über Jahrhunderte zu bewahren”, teilte die Unesco mit. Mit Figuren auf den Schultern zeigen die Heiligenstädter ihren Glauben. Die Palmsonntagsprozession im Eichsfeld ist gelebte Identität – und überdauerte selbst Diktaturen und Verbote.

Ein weiteres Kulturerbe mit kirchlichem Bezug ist das Englmarisuchen in Sankt Englmar. Rund um Pfingsten wird im bayerischen Wald an die Legende von Tod und Auffindung des Einsiedlers Engelmar gedacht. Das Spiel geht auf das 19. Jahrhundert zurück. Rituale und Bräuche werden mündlich in Familien und Vereinen weitergegeben. So ist das Englmarisuchen ein wichtiger Bestandteil des lokalen Brauchtums und seit 2023 ein weiterer christlicher Punkt auf der Unesco-Liste.

Und noch ein bayerisches Kulturerbe hat es auf die Unesco-Liste geschafft: der Willibaldsritt im oberbayerischen Jesenwang. Anfang Juli treffen sich mehrere hundert Reiter in der Ortschaft Sankt Willibald und werden gesegnet. Anschließend zieht die Reiterprozession durch die Kirche, bevor der Tag mit einem Ortsfest beschlossen wird. Auch hier hebt die Unesco die lokale Organisation des Brauchtums hervor. “Für viele Menschen in Jesenwang ist der Willibaldsritt eine feste Größe im Jahreslauf. Im Vorfeld schmücken viele Menschen ihre Häuser und folgen an dem Festtag dem Umzug zum Festgelände.”

Ob auf der Straße, in der Kirche oder der Werkstatt: Die Bräuche zeigen, wie lebendig, sinnstiftend und vielfältig christliches Kulturerbe in Deutschland ist – und warum die Unesco sich für dessen Bewahrung einsetzt.