Sag mir, wie du heißt, und ich sag dir, wer du bist.
Ganz stimmt diese Gleichung zwar nicht. Wer könnte schon allein von meinem Namen her ableiten, ob ich groß bin oder klein, fröhlich oder griesgrämig. Aber vom Grundsatz her ist doch etwas daran. Denn der Ursprung der Namen liegt darin, dass man Menschen nach auffälligen Merkmalen benannte. Das konnten Berufe sein wie Müller oder Schneider. Aber auch Ortsbezeichnungen wie Busch oder Waldmann. Oder eben charakterliche oder körperliche Merkmale: Groß. Klein. Lange. Kühn. Sonnenschein. (Seite 16)
Namen geben Identität. Sie dienen dazu, den Einzelnen aus der Masse abzuheben. Ihn von anderen abzugrenzen. Herauszuheben. Zu bestimmen. Das geht so weit, dass man mit dem Namen in allen Kulturkreisen und zu allen Zeiten geradezu magische Vorstellungen verband: Manche Namen dürfen nicht genannt werden, weil man sonst etwas Böses heraufbeschwört – so etwa in den Romanen um den Zaubererlehrling Harry Potter.
Oder die Vorstellung vom Verfluchen: Wer den Namen weiß, kann Macht über den Menschen ausüben. In der Bibel gibt es ähnliche Vorstellungen. Etwa in der Jahrtausende alten Scheu, den Namen Gottes auszusprechen.
Ein Name macht mich unverwechselbar.
Das hat ganz praktische Konsequenzen. Über die Familiennamen zum Beispiel weiß man, wer zusammengehört. Das hatte enorme Bedeutung etwa für die Suchdienste. Jahrzehntelang forschten sie nach Angehörigen, die nach Krieg, Vertreibung oder Verfolgung verschollen waren (Seite 11). Namen helfen, Urkunden zu finden. Besitzansprüche zu bestimmen. Erbschaftsverhältnisse zu klären.
Dass der Name mich unverwechselbar macht, hat aber auch psychologische Bedeutung. Beim Namen geht es ums „Ich“. Er zeigt mir, dass „ich“ gemeint bin. Jeder kennt das: Wenn ein Gruppenleiter vor einer Gruppe steht, eine Lehrerin vor ihrer Klasse – dann ist es wichtig, dass er oder sie die Menschen mit Namen ansprechen kann.
Menschen reagieren empfindlich, wenn ihr Name falsch geschrieben wird (weshalb Journalisten schon in der Ausbildung lernen, wie wichtig es ist, Namen korrekt mitzuschreiben). Wenn man jemanden sehr lieb hat, dann trägt man seinen – oder ihren – Namen schon mal an einem Armband oder einer Halskette (oder die moderne Version: Man lässt ihn sich auf die Haut tätowieren).
Es gibt eine wunderschöne Bibelstelle dazu. Man hört sie oft bei Taufen oder Beerdigungen. Jesaja 43,1: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein!
Fürchte dich nicht, sagt Gott. Ich weiß, wer du bist. Ich kenne dich, ich sehe dich. Dich.
Bezeichnenderweise wird diese Zusage Gottes gerade am Anfang und am Ende des Lebens ins Gedächtnis gerufen: Sie steht über unserem ganzen Leben. Wie eine Mutter ihr Kind mit Namen ruft, so ruft Gott jeden Einzelnen von uns: Du bist mir wichtig.
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Die Macht des Namens
Namen sind selbstverständlich: Jeder von uns hat einen. Und das ist enorm wichtig. Denn unser Name gibt uns Identität. Er sagt mir nicht nur, wer ich bin – sondern, dass ich bin