Von Ulrike Trautwein
Diskutiert wird heute: Darf ein Mann wirklich nur eine Frau und eine Frau nur einen Mann heiraten? „Bis dass der Tod euch scheidet“ – geht das überhaupt?
„Die Ehe ist für mich ein Beweis meiner Liebe zum Partner“, „wir wollen allen zeigen, dass wir zusammengehören“ – so und so ähnlich lauten heutzutage die häufigs-ten Antworten von Paaren auf die Frage, weshalb sie heiraten wollen. Noch bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts waren die Gründe zur Ehe andere. Sie war vor allem ein Schwellenritus: Erst mit der Heirat zogen beide vom Elternhaus in die gemeinsame Wohnung, wurde die Frau zur Hausfrau, der Mann zum Ernährer. Beider Anliegen war es, Nachwuchs zu bekommen. Dieses Verständnis der Ehe war durch die evangelische Ehelehre gedeckt. Martin Luther verstand die Ehe als eine „Schöpfungsordnung“, die dazu da ist, die „Sünde“ frei flottierender Sexualität einzudämmen und Kinder zu erzeugen.
Heutzutage leben Paare meist lange Zeit zusammen, bevor sie sich zur Ehe entschließen. Männer und Frauen leben auf Augenhöhe in der Partnerschaft und beiden stehen die Türen zur Berufswelt offen. Kinder gehören nicht mehr für jedes Paar unweigerlich zu einer Ehe dazu. Frauen werden mit der Ehe rechtlich längst nicht mehr zum „Besitz“ des Mannes herabgesetzt. Der Wunsch mancher Bräute von heute, vom Vater zum Altar geleitet und dem Mann übergeben zu werden, ist deshalb für selbstständige Frauen seltsam.Das Ehebild war schon immer einem Wandel unterworfen. Zwei Merkmale halten sich aber im christlichen Eheverständnis berechtigt durch. Die Ehe wird als Einehe verstanden. Zum anderen ist sie auf Dauer angelegt. Probeweise heiratet niemand, der die Eheschließung als „Beweis der Liebe zum Partner“ versteht. Menschen mit diesem Eheverständnis stehen kulturell auf dem Boden des Christentums. Es hat die Einehe selbstverständlich gemacht. Christinnen und Christen finden es darum befremdlich, dass im Alten Testament die Vielehe gebilligt wird. Das verdankt sich Traditionen, die aus der Frühzeit des nomadischen Daseins der Stämme Israels stammen. Um die Zukunft der Großfamilie zu sichern, waren viele Nachkommen gewünscht – mehr Frauen versprachen mehr Kinder.
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