Sonntag: Psalm 148
Montag: Johannes 10, 11-21
Dienstag: Johannes 10, 22-30
Mittwoch: Johannes 10, 31-42
Donnerstag: 1. Johannes 1, 1-4
Freitag: 1. Johannes 1, 5-10
Samstag: 1. Johannes 2, 1-6
Das „Hirtenkapitel“ bildet den Schluss dieser Lesereihe im Johannesevangelium. Es folgen noch die beiden Briefe aus dem Johannesschrifttum und ab Mitte Oktober, passend zum zu Ende gehenden Kirchenjahr, die Offenbarung.
Das zehnte Kapitel ist infolgedessen kein Schlusskapitel, sondern eine Art Mitte, während die Schlussreden ab Kapitel 17 so etwas wie der inhaltliche Höhepunkt des Evangeliums bleiben. Wobei man sich erinnern muss, dass der Hirte als Bild in Israel fast gleichbedeutend mit König war. Die Auswahl der ersten Könige zeigt das deutlich und prägte diese „Titel“. Diese Helden waren zwar auch gewaltige Kämpfer, aber sie unterscheiden sich von denen, die auf Denkmälern mit voller Rüstung womöglich noch hoch zu Ross dargestellt werden. Der Hirte ist ein „anderer Held“. Er steht für den vorbildlichen Machthaber und nicht nur den liebevollen Kümmerer der Seelen.
Dieser Herrscher geht mit dem Volk, er regiert nicht nur abgehoben über die Seinen, sondern ist gerade im Alltag mitten unter ihnen. David, der erste glanzvolle König Israels, war ursprünglich tatsächlich Viehhirte und hatte bei dieser Tätigkeit alle seine Begabungen entfalten und die Fähigkeiten lernen können, die er später im Großen gebrauchen würde. Eine Herde in der Steppe und Halbwüste durch die Widrigkeiten des Klimas sicher zu Wasser und Weide zu führen und dann auch noch mit den wilden Tieren fertig zu werden oder aber mit anderen Nomadengruppen zu verhandeln oder zu kämpfen, die vielleicht zu derselben Wasserstelle unterwegs waren, setzte Geschicklichkeit und Klugheit und Verantwortung voraus.
Jedenfalls war das nicht jene kuschelige Idylle, die man auf späteren Jesusbildern findet, wo ein milder Langhaariger im zarten Abendlicht ein kleines Schäflein auf dem Arm oder auf der Schulter trägt. Das Bild von Jesus als dem sanften Hirten hat allerdings sehr die spätere Frömmigkeit geprägt, vielleicht zu sehr, denn etwa das andere Ich-bin-Wort dieses Kapitels (Vers 7) ist dabei ein wenig in den Hintergrund geraten, sehr zu Unrecht, denn Jesus als die Tür zur Gemeinschaft Gottes ist gewiss ein ebenso nachdenkenswertes und inhaltsschweres Bild.
Ein bisschen spitz könnte man auch denken, dass dieses überzeichnete Bild vom guten Hirten später denen in die Hände spielte, die im Laufe der Kirchengeschichte hin und wieder an die Spitze gerieten und dann die Gemeinde wie eine Herde blökender und willenloser Schafe behandelten und meinten, nur sie hätten den Überblick und allein sie wüssten, wo es langgeht.