Drei Jahre ist die verheerende Explosion im Hafen von Beirut nun her. Schon zuvor hat sich der Libanon in einer wirtschaftlichen Krise befunden. Die Explosion, bei der am 4. August 2020 mehr als 200 Menschen starben, erschütterte das Land zusätzlich.
Menschenrechtsorganisationen und Opferangehörige fordern nach Informationen des Deutschlandfunks nun eine unabhängige internationale Untersuchung. Sie bemängeln demnach, dass die interne Aufklärung aufgrund von Einsprüchen belasteter Politiker gegen die Ermittlungsrichter praktisch zum Stillstand gekommen seien.
Auch Charbel Doumit möchte, dass die Katastrophe endlich aufgeklärt wird. Im Interview erzählt der Immobilienmakler, wie er die Menschen und das Land zurzeit wahrnimmt. Doumit ist gebürtiger Libanese, kam mit 17 Jahren nach Deutschland und lebte mit seiner Familie fast 40 Jahre in Deutschland. Er kehrte vor einigen Jahren in sein Heimatland zurück und wohnt in Byblos, etwa 35 Kilometer entfernt von Beirut.
Wie ist die Situation drei Jahre nach der Explosion, wie geht es den Menschen?
Charbel Doumit: Es ist immer noch dasselbe. Bis jetzt ist noch kein richtiger Täter gefunden oder eine Antwort, warum diese Explosion passiert ist. Die Politik vertuscht alles. Niemand kennt die Wahrheit. Die Leute nehmen die Sache aber immer noch ernst. Monat für Monat demonstrieren Angehörige, die Leute, die leider betroffen waren. Die finden immer noch keine Antwort auf die Frage: Warum und wofür ihre Lieben gestorben sind.
Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie an den Tag der Explosion zurückdenken?
Persönlich habe ich Gott sei Dank keine Leute, die ich kannte. Aber das waren so viele Menschen, die ihre Angehörigen verloren haben, die unterwegs waren zum Arbeiten, oder noch im Bett waren oder Krankenhaus lagen. Ich erinnere mich noch an den Tag. Ich war zu Hause und dachte es wäre ein Erdbeben. Ich bin raus auf den Balkon, den Blick nach Beirut. Und da habe ich diese riesige Wolke gesehen, wie eine Atombombe. Ich wusste nicht, was los ist. Dann habe ich die Berichte im Fernsehen gehört und erste schreckliche Bilder. Ich denke bis heute an die Bilder.

Was ärgert Sie, was macht Sie traurig?
Was mich ärgert, sind die korrupten Politiker. Die haben sofort versucht, das zu vertuschen. Das Schlimme war auch, dass die Europäer keine richtigen Informationen bekommen haben. Und besonders schlimm ist auch, dass die Menschen hier noch keine Entschädigung bekommen haben, weil die Ursache immer noch nicht klar ist. Die Politiker wurden verklagt, aber die sind nie zum Gericht gekommen. Ein paar Leute ja, aber die großen Verbrecher laufen noch frei rum.
Gibt es ausreichend Hilfen im Land?
Es gab schon Hilfen, aber nicht vom Libanon, nur von Außen. Da kam wenig. Aber die Leute interessieren sich auch nicht so für die Hilfe, sondern sie wollen wissen, warum ihre Kinder und Angehörigen das Leben verloren haben. Was auch noch sehr schwer ist, dass viele ihre Versicherung nicht zahlen konnten.
Was wünschen Sie Ihrem Land?
Was ich mir wünsche, dass diese Geschichte endlich aufgeklärt wird und die Wahrheit rauskommt und die Leute endlich Ruhe bekommen. Und Frieden für dieses schöne Land. Es ist ein Pulverfass, was immer wieder hochkocht. Wir sind friedliche Leute, aber es gibt keine Regierung derzeit, keinen Präsidenten. Die können sich nicht einigen. Einer schiebt die Dinge auf den anderen. Wir hoffen auf eine neue Regierung, auf Frieden.