Die DDR stieg fünf Jahre früher als bislang vermutet ins Zeitalter der Mikroelektronik ein. Kürzlich im Thüringer Industriearchiv gefundene Informationen zeigten, dass bereits ab 1960 Germanium-Leistungstransistoren im Rahmen einer Forschungsversuchsfertigung hergestellt wurden, teilte der Verein Thüringer Museum für Elektroniktechnik am Montag in Erfurt mit. Bislang seien die Anfänge der Produktion von Halbleiterbauelementen im Volkseigenen Betrieb (VEB) Funkwerk Erfurt auf das Jahr 1965 datiert worden.
Entwicklungstechnisch handele es sich bei dem Bau der ersten Germanium-Leistungstransistoren um eine bemerkenswerte Leistung, da es zu jener Zeit im Funkwerk noch keine in der Halbleitertechnologie ausgebildeten Fachleute gegeben habe, hieß es. Trotzdem sei eine neue Versuchsfertigungsstraße konstruiert worden, die das Arbeiten im Vakuum ermöglichte. In gewisser Weise habe diese Konstruktion die spätere Reinraumtechnologie der Mikroelektronik vorweggenommen.
Die Entwicklungsarbeiten seien bis 1962 erfolgreich abgeschlossen worden, ohne dass jedoch eine Serienproduktion startete. Stattdessen sei drei Jahre später mit der Erstellung von Germanium-Spitzendioden in der Glastechnologie begonnen worden, die der VEB Halbleiterwerk Stansdorf entwickelt habe.
Laut Museumsverein werden die aufgefundenen Dokumente gegenwärtig digitalisiert. Zudem befänden sich in der Museumssammlung einige dieser Versuchstransistoren vom Typ OC846A. Diese Artefakte der Thüringer Industriegeschichte wolle der Verein mithilfe von Halbleiterexperten nun wissenschaftlich untersuchen.