In sogenannte Spezialkinderheime und Jugendwerkhöfe kamen in der DDR Kinder, die als „schwer erziehbar“ galten und zu „sozialistischen Persönlichkeiten“ umerzogen werden sollten. Mit Jugendhilfe nach heutiger Lesart hatten die speziellen Einrichtungen nicht viel gemein. In den Heimen herrschte unerbittliche Disziplin, Gewalt gehörte zur Methode der vermeintlichen Erziehung.
1989 gab es in der DDR 38 sogenannte Spezialkinderheime und 32 Jugendwerkhöfe. In Torgau existierte ab dem 1. Mai 1964 der einzige „Geschlossenen Jugendwerkhof“, eine Art Gefängnis für 14- bis 18-Jährige, umgeben von Stacheldraht, Wachtürmen und hohen Mauern. Bis zum Fall der Mauer wurden rund 4.000 Mädchen und Jungen dort festgehalten.
Die Jugendlichen erwartete paramilitärischer Drill, ein exzessives Sportprogramm und drakonische Strafen. Zeitzeugen berichten von regelmäßigen Misshandlungen, Vergewaltigungen sowie seelischem Missbrauch. Zahlreiche Jugendliche versuchten, sich das Leben zu nehmen. Offiziell sind drei vollendete Selbsttötungen bekannt.
Der Jugendwerkhof unterstand direkt dem von Margot Honecker geführten DDR-Ministerium für Volksbildung. Obwohl er einem Gefängnis glich, wurden die Jugendlichen nicht per Haftbefehl eingewiesen. Sie hatten auch keine Straftaten begangen, sondern waren zumeist in anderen Kinderheimen negativ aufgefallen oder hatten versucht, von dort zu flüchten. Laut einem Urteil des Berliner Kammergerichts aus dem Jahr 2004 gilt die damalige Unterbringung in Torgau heute als „grundsätzlich rechtsstaatswidrig“.
Das Kindern und Jugendlichen in der DDR widerfahrene Unrecht blieb auch nach der Wiedervereinigung lange unbekannt. Heute informiert eine Gedenkstätte im ehemaligen Jugendwerkhof Torgau über diesen Teil des SED-Unrechts.