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Das Paradies in Dortmund

An der St. Reinoldikirche entsteht ein Anbau auf Zeit. Die Idee zu dem Projekt stammt unter anderem von Pfarrer Michael Küstermann und Professorin Barbara Welzel

Einen Heimatort, so nennt Barbara Welzel die Stadtkirche St. Reinoldi mitten in Dortmund. „Ich habe darüber geforscht, ich bin dort im Leitungsausschuss der Stadtkirche engagiert – und ich gehe einfach gern in die Kirche und setze mich eine Weile in die Stille“, sagt die 58-jährige Professorin für Kunstgeschichte und Prorektorin der Technischen Universität Dortmund. Zum Kirchentag ist sie Mitinitiatorin des außergewöhnlichen Projekts „stadt paradies sanktreinoldi“.
An der Südwand der historischen Kirche, zur Haupteinkaufsstraße Ostenhellweg hin, wird ein „Paradiesgarten“ entstehen – ein temporärer Anbau, der als Übergang von dem belebten Innenstadtplatz in den spirituellen Ruheraum der Kirche dienen soll. Dieser neue Übergang, so Michael Küstermann, Stadtkirchenpfarrer und Initiator dieses Projektes, nimmt auch das Konzept der Arbeit an der Stadtkirche auf, für den Dialog zwischen Kirche und Stadt immer wieder neue Formen zu entwickeln.
„Mit dem Paradiesgarten knüpfen wir an die mittelalterliche Tradition an, etwa Pilgern vor dem Eintritt in die Kirche eine Zwischenstation anzubieten, in der sie sich nach der langen Reise erst einmal fallen lassen konnten, um die eigene Unruhe loszuwerden“, erklärt die Kunsthistorikerin.
Die Idee entstand während der Planungen zu einem neuen Dortmund-Stadtführer anlässlich des Kirchentags, an dem viele verschiede Akteure aus Dortmund beteiligt sind. „St. Reinoldi wollten wir dabei als einen Ankerort repräsentieren, von dem aus man die Stadt erforschen kann“, erklärt Welzel. Und weil das auch nach außen hin sichtbar werden sollte, sollte der Anbau die Akteure unter einem gemeinsamen Dach, einer einheitlichen Gestaltung zusammenführen.
So kamen die Architekten mit ins Boot: Ein Studienprojekt für Studierende der Fakultät Architektur und Bauingenieurwesen war geboren. Sie entwarfen einen Arkadengang mit einem Garten in der Mitte, der sowohl als Zugang zur Kirche als auch als Ruheort dient. Unter den Bögen werden sich verschiedene Initiativen und Institutionen beim Kirchentag vorstellen – das Buchteam für den Dortmund-Stadtführer, aber auch etwa die Reinoldigilde zu Dortmund, ein Zusammenschluss Dortmunder Bürger und Bürgerinnen, sowie die Stadt Dortmund mit ihrer Dortmund-Agentur und dem Kampagnenteam „Dortmund überrascht. Dich“, Dortmund-Tourismus und das Projekt „nordwärts“.
Nach und nach wuchs das Projekt zur Gemeinschaftsarbeit eines ganzen Netzwerks von Akteuren in Dortmund; inzwischen arbeiten rund 100 Menschen daran mit, sagt Michael Küstermann: Auszubildende des Grünflächenamtes werden den Garten anlegen, Gerüstbauer das Skelett des Bauwerks errichten, das dann mit den von den Studierenden bereits vorgefertigten Holzteilen verkleidet wird. Anfang Juni geht es los mit den Arbeiten an der Reinoldikirche.
Barbara Welzel ist gerade daran beteiligt, die Dienstpläne für diejenigen zu erstellen, die als Ansprechpartnerinnen und -partner im Paradiesgarten zur Stelle sind, um den neuen Stadtführer zu präsentieren. „Das Ganze macht einen Heidenspaß“, sagt sie. „Wir haben es auf ganz wunderbare Weise geschafft, ganz viele Leute, die sich für die Stadt engagieren, zusammenzubringen. Und es ist toll, dass gerade die Stadtkirche der Ort ist, an dem sie sich präsentieren.“  leg