Franz, Ende 40, ist unzufrieden: Rockstar hätte er werden wollen! Stattdessen ist er ein lustloser Musiklehrer für lustlose Teenager. Alles ändert sich, als er einem älteren Herrn begegnet – der kurz darauf verunglückt.
In Zusammenarbeit mit filmdienst.de und der Katholischen Filmkommission gibt die KNA Tipps zu besonderen TV-Filmen:
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Ein im Job und in der Familie frustrierter Musiklehrer (Simon Schwarz) wird Zeuge, wie ein alter Mann (Nikolaus Paryla) bei einem Verkehrsunfall getötet wird. Doch schon wenig später steht der Verunglückte etwas ramponiert, aber quicklebendig vor ihm – als Geist, den nur er sehen kann. Nach erstem Entsetzen und chaotischen Fluchtversuchen schließen die beiden einen Pakt: Der Musiker hilft dem Geist, dessen Jugendfreundin aus dem Koma aufzuwecken, während der Tote dafür im Gegenzug die Beziehung seines Helfers kitten will.
Weil die schräge österreichische Komödie in der Weihnachtszeit spielt, wenden sich die Dinge ins Märchenhafte. Dennoch bleiben die Probleme zutiefst menschlich, da es schlicht darum geht, dass Menschen andere Menschen vernachlässigen und lieber unrealistischen Träumen nachhängen, als ihr Dasein in realistischen Bahnen zu lenken.
Regisseurin Catalina Molina bugsiert diese (Männer-)Geschichte 2020 trotz der Geister-Erscheinung in einen sehr irdischen Rahmen. Simon Schwarz und Nikolaus Paryla folgen ihr beherzt, wenn sie sich als ungleiches Duo daranmachen, sich gegenseitig aus ihrer Malaise zu befreien. “Das Glück ist a Vogerl” besitzt berührende Momente, gerade wenn Paryla mit näselnder Stimme die Aktionen von Schwarz kommentiert. Darin geht es oft um Lebensweisheiten – lakonisch und mit viel trockenem Witz.
“Das Glück ist a Vogerl, gar liab, aber scheu,/ es lasst si’ schwer fangen, aber fortg’flog’n is glei,/ das Herz is der Käfig, und schaust net dazua,/ so hast du auf amal ka Glück und ka Ruah.” Das melancholische Wienerlied “Des Glück is a Vogerl” besingt das Glück des Augenblicks, beschwört (Nächsten-)Liebe und Demut. Es stand Pate für den gleichnamigen Roman von Ingrid Kaltenegger, der 2020 verfilmt wurde.
Im Zentrum steht Franz (Simon Schwarz), ein verbitterter Musiklehrer Ende 40, der seinen verpassten Rockstar-Träumen nachtrauert. Über seinen Frust lässt er alles schleifen: die Ehe mit Linn (Patricia Aulitzky), die Beziehung zur pubertierenden Tochter Julie (Lucy Gartner), und den Job sowieso. Zynisch und mit null Ambitionen vegetiert Franz vor sich hin – und kriegt nicht einmal mit, dass seine Frau über Scheidung nachdenkt.
Die Wende kommt mit einem Verkehrsunfall: Dabei verunglückt ein älterer Autofahrer tödlich, mit dem sich Franz kurz zuvor gestritten hatte. Franz fühlt sich schuldig – und wird fortan vom Geist des toten Egon (Nikolaus Paryla) verfolgt.
Mit seinem “Verfolgungswahn” aber vergrault Franz Linn endgültig. Weshalb der “Geist” ihm einen Deal vorschlägt: Er, Egon, hilft dabei, Linn zurückzugewinnen – wenn Franz für Egon Kontakt zu dessen einstiger Jugendliebe Mali (Waltraut Haas) herstellt. Die aber liegt in einem Salzburger Pflegeheim im Koma. Weshalb nun Franz und der für alle anderen unsichtbare Egon versuchen, Mali mithilfe von Parfümduft und Musik ins Hier und Jetzt zurückzuholen: ein ziemlich aussichtsloses Unterfangen.
Über die Altenpflegerin Tessa (Julia Edtmeier) aber findet Franz eine neue Band, genießt die neu entdeckte Kreativität. Linn wird derweil von dem selbstverliebten Coach Sebastian (Stipe Erceg) als Assistentin angeheuert und scheint für Franz verlorener denn je…
“Das Glück ist ein Vogerl” erzählt eine zumal in der Vorweihnachtszeit bekannte Geschichte: vom Griesgram, der geläutert wird, der Leben und Liebe neu entdeckt. Das “Was” dieser Story gerät also weniger überraschend. Das Entscheidende bei Subgenres wie dem beliebten “Weihnachtsfilm” ist stets das “Wie”: Wie originell, anrührend und stimmig ist die Geschichte erzählt?
“Das Glück ist ein Vogerl” kann diesbezüglich überzeugen: Die von Catalina Molina inszenierte Komödie kommt frisch und unterhaltsam daher, nimmt die Probleme ihrer Protagonisten aber dennoch ernst. Grundlage dafür ist das Drehbuch von Ingrid Kaltenegger und Christiane Kalss, das gute Figuren zeichnet und mit ebenso witzigen wie gut beobachteten und scharfzüngigen Dialogen aufwarten kann; der österreichische Zungenschlag der Figuren ist dieser Wirkung sicherlich förderlich.
Simon Schwarz spielt den Mann, der lernt, dass man seine Träume leben kann, diese dafür aber ein wenig an die Realität anpassen muss, glaubhaft: als in seinem bräsigen Selbstmitleid zunächst eher unangenehmen Typen. Auch die langsame Weitung von Franz’ Blick und die vorsichtig tastende Überwindung seiner (allzu) hohen Ansprüche fallen stimmig aus.
Nikolaus Paryla wiederum ist eine Idealbesetzung für den “Geist” Egon: als unauffälliges graues Männlein, dem aber eine gehörige Portion Verschmitztheit innewohnt sowie der Lebensmut, der bei Franz seit langem verschüttet ist. Die Chemie zwischen Schwarz und Patricia Aulitzky (Linn) funktioniert daneben weniger gut; das langjährige Ehepaar nimmt man dem ungleichen Duo nicht ganz ab.
Stark ins Gewicht aber fällt das nicht. “Das Glück ist ein Vogerl” ist ein schöner, unsentimentaler, zur Vorweihnachtszeit zart wärmender Film geworden. Regisseurin Molina drückt ihm – in Zusammenarbeit mit den diversen Gewerken wie etwa Kamera, Schnitt und Musik – mit dezent gesetzten Pointen, Gespür für Rhythmus und ausdrucksstarken Bildeinfällen ihren stilsicheren Stempel auf.