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Das ändert sich

Wieviel Luther steckt in der revidierten Lutherbibel? Beispiele für die neue Sprachgestalt erläutert Landesbischof i. R. Christoph Kähler, Vorsitzender des von der Evangelischen Kirche in Deutschland eingesetzten Lenkungsausschusses der Revision:

„Damit“ oder „auf dass“?
Die unterschiedliche Wahrnehmung von „damit“ und „auf dass“ lässt sich gut an einem Kernwort des Neuen Testaments (Johannes 3,16) zeigen: „Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben“, so heißt es jetzt wieder in der Revision 2017. Das etwas engere finale „damit“ wurde zu dem hier auch theologisch stimmigeren, offeneren „auf dass“ verändert – auch weil dieser Vers bei vielen Menschen noch heute wahrscheinlich eher in der ursprünglichen Fassung geläufig ist.

 

Söhne und Kinder
Überraschenderweise kommt Luther dem heutigen genderbewussten Sprachempfinden gelegentlich sogar entgegen. Wo dies der Fall ist, ist die Revision 2017 gerne zu seiner Fassung zurückgekehrt. Ein Beispiel sind die hebräischen banim, die 1964 sehr oft mit dem wörtlichen „Söhne“ übersetzt wurden, bei Luther aber „Kinder“ waren. Ein Beispiel findet sich in Jeremia 31,17. Vor 1964 lautete der Text: „und deine Nachkommen haben viel Gutes zu erwarten, spricht der Herr; denn deine Kinder sollen wieder in ihre Grenze kommen.“ Daraus wurde dann : „… denn deine Söhne sollen wieder in ihre Heimat kommen.“ Die aktuelle Revision hat auch den Anfang des Verses geändert, wo die konkrete Deutung auf die Nachkommen vom hebräischen Text her nicht zwingend ist: „und es gibt eine Hoffnung für deine Zukunft, spricht der Herr: Deine Kinder sollen wieder in ihre Heimat kommen.“

 

Luther als Fußnotentext
Bei sehr bekannten Texten wird Luthers Übersetzung jetzt öfter als zuvor als Fußnote zum Text geboten. Ein gutes Beispiel dafür ist Jeremia 29,11: „Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der Herr: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe das Ende, des ihr wartet.“ So hat Luther den Vers übersetzt. Das war schon 1912 Kernstelle und so fest im frommen Bewusstsein verankert, dass man 1964 nicht gewagt hat, den Text zu ändern. Stattdessen hat man die wörtliche Übersetzung in die Fußnote gesetzt. Das wurde jetzt genau umgedreht : „Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der Herr: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, dass ich euch gebe Zukunft und Hoffnung.“ – Hier bietet die wörtliche Wiedergabe des Hebräischen eine nicht nur hervorragend verständliche, sondern auch sehr prononcierte Zusage, die gut als Kernstelle erhalten bleiben kann.

 

Überschriften
Kritisch angeschaut wurden bei der Revision 2017 auch die Überschriften, die Luther selbst noch nicht eingefügt hatte. Hier gab es tatsächlich Handlungsbedarf, da manche der Überschriften antijudaistische Züge trugen. So wurde „Israel ein unbeschnittenes Volk“ zu „Gericht über Unbeschnittene“ oder „Der Bundesbruch des Volkes und Gottes Gericht“ zu „Der gebrochene Bund“. Geradezu programmatisch hierfür steht die neue Überschrift vor Römer 11,1, die jetzt nicht mehr lautet: „Nicht ganz Israel ist verstockt“, sondern „Gott hat sein Volk nicht verstoßen“.

 

Texte entnommen aus der Broschüre „,… und hätte der Liebe nicht‘. Die Revision und Neugestaltung der Lutherbibel zum Jubiläumsjahr 2017: 500 Jahre Reformation“, Copyright: Deutsche Bibelgesellschaft 2016.