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Chinesen auf Platz eins

Amnesty sieht weltweit eine hohe Aufnahmebereitschaft für Flüchtlinge. Nur: Die Regierungen handeln nicht entsprechend

LONDON/FRANKFURT A. M. –   Die überwältigende Mehrheit der Deutschen heißt Flüchtlinge nach Recherchen von Amnesty International willkommen. Nur etwa fünf Prozent teilen nicht den Standpunkt, dass vor Krieg und Verfolgung fliehende Menschen in anderen Ländern Zuflucht finden müssen, wie aus einer weltweiten Amnesty-Umfrage hervorgeht. Mehr als die Hälfte der Befragten in Deutschland hätten dabei auch nichts gegen Flüchtlinge in der direkten Nachbarschaft, zehn Prozent würden sie zu Hause aufnehmen. In insgesamt 27 Ländern gaben durchschnittlich 80 Prozent der Menschen an, Flüchtlinge ins Land lassen zu wollen.

Die politische Reaktion stehe häufig im klaren Gegensatz zur Bereitschaft der Bevölkerung, Flüchtlinge aufzunehmen, kritisierte die Menschenrechtsorganisation. „Diese Zahlen sprechen für sich“, betonte Generalsekretär Salil Shetty mit Blick auf die Erhebung des Umfrageinstituts GlobeScan. 

„Unmenschliche Antworten von Regierungen auf die Flüchtlingskrise stehen überhaupt nicht im Einklang mit den Ansichten der eigenen Bevölkerung.“ Die Regierungen dürften sich nicht zu Geiseln lauter fremdenfeindlicher Rhetorik und Schlagzeilen machen lassen, erklärte Shetty. „Diese Umfrage zeigt, dass sie nicht auf die leise Mehrheit der willkommenheißenden Bürger hören.“

In Deutschland gaben nur drei Prozent der Befragten an, Flüchtlinge an der Grenze abweisen zu wollen. Etwa zwei Prozent hatten keine Meinung dazu. Auf einem erstmals erstellten Flüchtlingswillkommens-Index erreicht Deutschland 84 von 100 möglichen Punkten und steht in den erfassten Ländern hinter China an zweiter Stelle. In China wäre fast die Hälfte der Menschen bereit, Flüchtlinge im eigenen Zuhause aufzunehmen. In Großbritannien (Rang 3) sind es 29 Prozent, in Griechenland, das durch die Flüchtlingskrise unter einen hohen Belastung steht und auf Rang 7 kommt, 20 Prozent.

Am unteren Rand rangieren Polen, Thailand, Indonesien und mit nur 18 Zählern Russland. Dort würden 61 Prozent Flüchtlinge nicht ins Land lassen wollen. Insgesamt wurden in den 27 Ländern zwischen Dezember und März 27 000 Menschen befragt.    epd