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“Bunt ist schöner. Bunt macht reich.”

Der Saal des Seniorentreffs Bleiweiß in der Nürnberger Südstadt ist mit bunten Girlanden geschmückt. Auf den Tischen sind Luftschlangen verteilt, es gibt eine Fotoecke und ein Glücksrad. Die Seniorinnen und Senioren im Vorraum warten gespannt auf den Startschuss um 11.11 Uhr. Dann beginnt der erste „bunte Fasching“ im Seniorentreff, eine Veranstaltung, die für alle offen ist, aber explizit queere Seniorinnen und Senioren ansprechen möchte. „Fasching ist eine gute Gelegenheit dafür, sich selbst in einem anderen Licht zu betrachten und eine andere Perspektive einzunehmen“, sagt Julius Leib, der Leiter vom Bleiweiß.

Dass der Fasching hier nicht nur farbenfroh, sondern auch vielfältig ist, zeigt sich besonders im Programm. Für Unterhaltung sorgt der Show-Act, die „Nürnberger Glitzer-Queen“ Roxy Rued. In verschiedenen Outfits führt sie durch die dreistündige Veranstaltung. Besonders die Verkleidungen als Tina Turner und Disney-Prinzessin Elsa sorgen für viel Applaus. Mit Gesang und Animation bringt sie die Gäste immer wieder zum Tanzen. „Ich finde die Veranstaltung großartig, weil alle Leute mitmachen und die Stimmung sehr positiv ist“, sagt Roxy.

DJane Flora, die bei verschiedenen Veranstaltungen im Bleiweiß regelmäßig Musik auflegt, animiert zum Mitmachen. „Ein Lied ist nur dann ein gutes Lied, wenn dazu getanzt wird“, ruft sie, als die ersten Töne von „Er gehört zu mir“ von Marianne Rosenberg erklingen. Bei der Musikauswahl achte sie vor allem darauf, dass die Lieder nicht sexistisch sind, sagt sie. Zusammen zu feiern verbinde Menschen und das sei etwas, das man gerade jetzt brauche.

Die Idee zum „bunten Fasching“ stammt direkt vom Team des Bleiweiß. Bei Angeboten für queere Menschen arbeiten sie eng zusammen mit Christine Bormann, der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Nürnberg, und dem Verein Fliederlich, der das Queere Zentrum Nürnberg betreibt. „Das Thema ist noch relativ neu, auch wenn der Bedarf längst da ist“, sagt Bleiweiß-Leiter Julius Leib. Gerade ältere Generationen hätten oft nicht die Möglichkeit gehabt, ihre Queerness offen zu leben – schließlich stand Homosexualität in Deutschland bis 1994 offiziell im Strafgesetzbuch.

Die Akzeptanz von LSBTIQ-Lebensstilen (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans und Queers) sei daher bei älteren Menschen oft schwierig. Seit Herbst 2023 gibt es im Bleiweiß einen queeren Stammtisch, die „Bunte Runde der VielfAlt“. „Ein Miteinander von queeren und nicht queeren Menschen ist immer etwas viel verlangt. Wir sorgen erstmal für ein Nebeneinander“, sagt Leib. Man habe sich entschieden, den Stammtisch nicht in einem extra Raum zu verstecken, sondern in einer Sitzgruppe direkt am Eingang des Bleiweiß abzuhalten, um Sichtbarkeit zu schaffen und Gespräche anzuregen. Eine Pride Flag und ein Banner des Stammtischs sind immer dabei.

Zu Beginn der Feier haben sich knapp 20 Jecken zusammengefunden. Im Laufe des Vormittags kommen immer mehr dazu. Wer nicht verkleidet ist, bekommt vom Team bunte Hütchen. Die Stimmung ist ausgelassen. Peter Kenkel gefällt vor allem die Mischung aus Aufführung und Animation. „Die Älteren brauchen oft eine kleine Aufforderung, um mitzumachen – aber ich habe mich sogar zum Tanzen hinreißen lassen“, erzählt er. Manuel freut sich darüber, dass hier alle gemeinsam feiern, unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität. „Ältere Menschen haben oft Berührungsängste mit queeren Personen, aber heute zählt nur das Miteinander“, sagt der 59-Jährige.

Auch Elisabeth Ries, Referentin für Jugend, Familie und Soziales der Stadt Nürnberg, unterstreicht in ihrer Büttenrede die Bedeutung solcher Veranstaltungen: „Vielfalt heißt: nicht alle gleich. Bunt ist schöner. Bunt macht reich.“ Ein besonders buntes Kostüm trägt Andrea Beyerlein – sie gewinnt den Preis für das beste Outfit des Tages. Julius Leib und sein Team sind mit der Veranstaltung zufrieden und wollen das Format im kommenden Jahr wiederholen. (0650/23.02.2025)