Ein syrischer Offizier war für grausame Folterungen und Morde in einem berüchtigten Gefängnis in Damaskus mitverantwortlich. Der Bundesgerichtshof hat seine Verurteilung zu lebenslanger Haft nun bestätigt.
Der Bundesgerichtshof hat die Verurteilung eines früheren syrischen Geheimdienstoffiziers wegen Staatsfolter bestätigt. Mit dem am Montag veröffentlichten Urteil wies der Bundesgerichtshof die Revision des Mannes ab. Er hatte sachliche und Verfahrensfehler bemängelt. Die Verurteilung zu lebenslanger Haftstrafe ist damit rechtskräftig.
Das Oberlandesgericht Koblenz hatte den Mann im Januar 2022 im weltweit ersten Strafprozess zu Staatsfolter in Syrien verurteilt. Anwar R. wurde für schuldig befunden, Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben. Das Gericht sah es als erwiesen an, dass er im Rahmen eines ausgedehnten und systematischen Angriffs gegen die syrische Zivilbevölkerung als Mittäter 27 Menschen ermordet sowie 4.000 Menschen in schwerwiegender Weise gefoltert hatte.
Nach Feststellung des Koblenzer Gerichts hatte das syrische Regime ab 2011 Proteste unter Einsatz von Waffengewalt um jeden Preis niederschlagen lassen. Die Gewalt sei im Rahmen einer umfassenden Strategie ausgeübt worden, um die syrische Bevölkerung einzuschüchtern und gefügig zu machen. In der Abteilung 251 des Al-Khatib-Gefängnisses in Damaskus seien Menschen “ohne rechtsstaatliches Verfahren eingesperrt, misshandelt und gefoltert worden”.
Anwar R. war demnach dort als Leiter der Vernehmungsabteilung auch im Tatzeitraum von April 2011 bis September 2012 verantwortlich. Auch wenn er die Taten nicht persönlich ausgeführt habe, seien ihm diese aufgrund seiner Befehlsgewalt zuzurechnen. Laut dem Koblenzer Oberlandesgericht hatte es in dem Gefängnis nach Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs nahezu keine Vernehmung ohne Folter gegeben. Folter, Gewalt und sexuelle Übergriffe seien von Anwar R. als Mittel zur Erpressung von Aussagen gewollt gewesen. “Todesfälle nahm er als zwangsläufige Folge der Misshandlungen und der Haftbedingungen in Kauf”, betonten die Richter.
Anwar R. war Ende 2012 aus Syrien geflohen und hatte 2014 in Deutschland Asyl beantragt. Durch Aussagen bei deutschen Behörden über seine frühere Tätigkeit machte er auf sich aufmerksam, was letztlich zur Anklage führte. Menschenrechtler hatten das Urteil als wichtiges Signal für die Überlebenden und als Schritt im Kampf gegen weltweite Straflosigkeit begrüßt.
Grundlage für den Prozess war das Weltrechtsprinzip. Seit 2002 können bestimmte Verbrechen – Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen – in Deutschland geahndet werden, auch wenn weder die Tat hier geschehen ist noch die Angeklagten oder die Opfer aus Deutschland kommen.
Der Bundesgerichtshof betonte, das Koblenzer Urteil habe keine Rechtsfehler enthalten. Es sei rechtens gewesen, dem Mann keine Immunität im Sinne des Völkerrechts zuzusprechen.