Auf den neuen Papst warten große Baustellen, schreibt der Vatikanjournalist Stefan von Kempis in einem neuen Buch. Der katholischen Kirche drohe die Spaltung. Leo XIV. müsse daher Vielfalt zulassen, um Einheit zu ermöglichen.
Vatikanjournalist Stefan von Kempis sieht es als wichtigste Herausforderung für Papst Leo XIV. an, die katholische Kirche vor Spaltungen zu bewahren. “Er muss das Menschenmögliche tun, um Schismen zu verhindern und zumindest eine gedachte, eine gefühlte Einheit zu schaffen”, schreibt von Kempis in seinem Buch “Papst Leo XIV. Wer er ist – wie er denkt – was ihn und uns erwartet”. Der 160-seitige Band erscheint am Samstag (24.5.) im Patmos-Verlag. Die katholische Kirche brauche eine Einheit, die Raum lässt für Vielfalt und “lokale Eigenheiten und Sonderwege”, betont von Kempis, Leiter der deutschsprachigen Abteilung von Radio Vatikan.
Der neue Papst dürfe dabei nicht überhören, dass “viele nach dem Pontifikat von Franziskus, das nicht frei war von Zweideutigkeit und Widersprüchen und Wirbel, jetzt die Rückkehr zur Ruhe und zu einer vermeintlichen Eindeutigkeit der Lehre fordern”, schreibt der Autor. Die Amtszeit von Franziskus habe viele offene Baustellen hinterlassen, so von Kempis. “Auf ihnen muss nun Papst Leo weiterbauen, und das wird nicht gehen ohne konkrete Entscheidungen.”
Die inhaltlichen Gegensätze und Konflikte in der katholischen Weltkirche seien zuletzt offen zu Tage getreten, schreibt Kempis. Beispielsweise, als der Vatikan 2023 die Segnung von homosexuellen Paaren genehmigte. “Auf einen Schlag verweigerten nahezu alle katholischen Ortskirchen auf dem afrikanischen Kontinent Rom offen den Gehorsam, und das, obwohl die Segenserlaubnis aus dem Vatikan mit zahlreichen Einschränkungen und Bedingungen verknüpft war”, so Kempis. Anderen Katholiken wiederum, etwa in Deutschland, seien die Lockerungen nicht weit genug gegangen.
“Bruchlinien also, wohin man sah; und das in einer Epoche, die ja ohnehin eine der Polarisierung und der Fragmentierung ist”, betont der Buchautor. Unter solchen Umständen müsse der neue Papst jetzt “seinen Laden zusammenhalten”. Die Aufgabe sei gewaltig. “Nicht nur in seiner eigenen Kirche muss Leo XIV. um Einheit – genauer: um die richtige Balance zwischen Einheit und Vielfalt – ringen”, schreibt von Kempis. “Auch zwischen den christlichen Kirchen und zwischen den Religionen und im großen Welttheater wird eine Stimme für Einheit, Frieden, Menschenwürde und Gerechtigkeit dringender gebraucht denn je.”