Nach einer kontroversen Debatte haben die Synodalen der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig einem theologischen und strategischen Grundlagenpapier zugestimmt, das weitreichende strukturelle Veränderungen in der Kirche vorsieht. Das kirchliche Leben komme aufgrund abnehmender Mitgliedszahlen und Kirchensteuereinnahmen in seiner bisherigen Form an ein Ende, betonte am Freitag Landesbischof Christoph Meyns vor dem Kirchenparlament in Königslutter bei Helmstedt.
Von 42 Kirchenparlamentariern sprachen sich 36 für die in einem mehrjährigen Zukunftsprozess erarbeiteten Transformationsvorschläge aus, sechs enthielten sich, zwei stimmten dagegen. Einer der Kernpunkte des 13-seitigen Dokuments ist die Entlastung von Pfarrpersonen durch multiprofessionelle Teams. Diese sollen Pfarrerinnen und Pfarrer den Rücken etwa von Verwaltungs- und Bürokratieaufgaben freihalten, sodass sie sich auf Kernkompetenzen wie die Verkündigung des Evangeliums und Seelsorge konzentrieren können.
Statt traditionell gewachsene und häufig nicht gut besuchte Sonntagsgottesdienste in den Mittelpunkt zu rücken, soll die Kirche im Braunschweiger Land künftig an außerkirchlichen Orten wie Kitas, Schulen, Altenheimen und Kliniken präsenter sein. Zudem sollen regionale Zentren entstehen. „Wir müssen nicht um jeden Preis in jedem Dorf vor Ort sein, wenn es dort an kirchlichen Angeboten kein Interesse gibt“, sagte Meyns. Stattdessen solle Kinder- und Jugendarbeit, Kirchenmusik, Seelsorge und Diakonie Priorität eingeräumt werden.
„Die Volkskirche ist auf dem Weg, eine Diasporakirche zu werden“, unterstrich der Landesbischof. Es gebe Traditionsabbrüche, die Gesellschaft verändere sich, immer weniger Menschen seien den Kirchen verbunden. Das Kirchensteueraufkommen werde Berechnungen zufolge bis 2035 um weitere rund 30 Prozent sinken. „Darauf müssen wir reagieren.“ Der Begriff Diaspora kommt aus dem Griechischen und steht in diesem Zusammenhang für eine Kirche, die in der Gesellschaft in der Minderheit ist.
Die Herbstsynode in Königslutter endet am Sonnabend. Die Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig zählt als eine von 20 Landeskirchen in Deutschland rund 284.000 Mitglieder in 270 Gemeinden. Ihr Gebiet erstreckt sich von Wolfsburg bis zum Südrand des Harzes.
In der evangelischen Kirche sind Synoden die Parlamente der Landeskirchen. Das Wort Synode leitet sich vom griechischen „synodos“ („gemeinsam auf dem Weg sein“) ab und bezeichnet ursprünglich eine Kirchenversammlung.