Brasiliens Oberstes Gericht hat gegen den ehemaligen Staatspräsidenten Jair Bolsonaro Anklage wegen versuchten Staatsstreichs erhoben. Die fünf Richter votierten am Mittwoch (Ortszeit) laut der live übertragenen Verhandlung für die Eröffnung eines Strafverfahrens gegen den rechtsextremen Politiker. Alle Einwände der Verteidigung von Bolsonaro wurden zurückgewiesen.
Dem Ex-Präsidenten (2019-2023) wird die Bildung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen, mit der ein Putsch ausgeführt werden sollte. Damit sollte der Amtsantritt seines linksgerichteten Nachfolgers Luiz Inácio Lula da Silva nach dessen Sieg bei der Präsidentschaftswahl im Oktober 2022 verhindert werden. Die Höchststrafe wegen Putschversuchs beläuft sich auf mehr als 40 Jahre.
Hintergrund der Ermittlungen ist der versuchte Staatsstreich vom 8. Januar 2023, als Bolsonaro-Anhänger den Kongress, den Regierungssitz und den Obersten Gerichtshof in Brasília stürmten und teils verwüsteten.
Die Generalstaatsanwaltschaft wirft Bolsonaro vor, die kriminelle Vereinigung zusammen mit dem Ex-Verteidigungsminister, General Walter Souza Braga Netto, angeführt zu haben. Zu den Plänen der Gruppe gehörte es laut Staatsanwaltschaft auch, Lula zu vergiften und den Richter des Obersten Gerichtshofs, Alexandre de Moraes, zu erschießen. Bolsonaro habe von der Ausarbeitung des Plans gewusst und ihm sogar zugestimmt, heißt es in der rund 300-seitigen Anklageschrift. Mit Bolsonaro sind sieben weitere hochrangige Militärs und Ex-Kabinettsmitglieder angeklagt, die laut Staatsanwaltschaft zum „Kern der Gruppe“ gehört haben sollen.
Bolsonaro wird außerdem die Verbreitung von Falschinformationen vorgeworfen. Er hatte öffentlich die Rechtmäßigkeit der Wahl von Lula infrage gestellt. Bis heute hat er seine Wahlniederlage nicht anerkannt. Bolsonaro sprach von einem politisch motivierten Verfahren gegen ihn, mit dem seine Kandidatur für die Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr verhindert werden solle.
Allerdings laufen gegen den Ex-Präsidenten weitere Ermittlungsverfahren. So darf er beispielsweise bis zum Jahr 2030 in kein öffentliches Amt gewählt werden. Damit kann er auch nicht als Kandidat für die Präsidentschaftswahl im kommenden Jahr antreten.