Brasilien hat den ersten Oscar in der Geschichte des Landes gewonnen. Das Drama aus der Diktaturzeit „Für immer hier“ (Originaltitel: „Ainda estou aqui“) unter der Regie von Walter Salles wurde in der Nacht zum Montag (Ortszeit) als bester ausländischer Film ausgezeichnet. In dem Film steht Eunice Paiva im Mittelpunkt, die 1971 nach ihrem von den Militärs verschleppten Ehemann, dem Kongressabgeordneten Rubens Paiva, sucht. Erst Jahrzehnte später hatte die Familie Gewissheit, dass Rubens Paiva von den Militärs gefoltert und ermordet wurde. Die Rolle der Eunice Paiva verkörpert die Schauspielerin Fernanda Torres.
Der Film, der eindrücklich das Trauma der Militärdiktatur (1964-1985) in Brasilien und das Schicksal der Tausenden Verschwundenen darstellt, war dreimal für den Oscar nominiert und hatte bereits den Golden Globe gewonnen. Der Film beruht auf dem autobiografischen Roman von Marcelo Rubens Paiva, dem Sohn von Eunice und Rubens Paiva. Er zeigt, wie die zuvor unpolitische Eunice Paiva sich zur Menschenrechtsanwältin ausbilden lässt und gegen die Diktatur Widerstand leistet.
Brasiliens Staatspräsident Luiz Inácio Lula da Silva gratulierte noch in der Nacht auf Montag: „Heute ist der Tag, an dem man noch stolzer darauf ist, Brasilianer zu sein. Stolz auf unser Kino, unsere Künstler und vor allem stolz auf unsere Demokratie“, schrieb Lula auf X. „Es lebe das brasilianische Kino.“
Die Geschichte von Rubens Paiva ist in Brasilien sehr prominent und steht für das Schicksal der zahlreichen Diktaturopfer. Erst im Jahr 2009 wurde von der damaligen Regierung unter Lula die Einsetzung einer Wahrheitskommission auf den Weg gebracht. In ihrem 2014 veröffentlichten Abschlussbericht sind die 377 Verantwortlichen für Folter und Mord namentlich aufgeführt, rund 100 von ihnen waren zum damaligen Zeitpunkt noch am Leben. Der Abschlussbericht wurde von der damaligen Präsidentin Dilma Rousseff präsentiert, die als junge Frau während der Diktatur inhaftiert und gefoltert worden war.
In Rio dem Janeiro, dem Spielort des Filmes, wurde die Oscar-Prämierung im Sambódromo während der traditionellen Parade der Karnevalsschulen gefeiert. Auch in Salvador de Bahia und in São Paulo verfolgten Hunderte Menschen die Übertragung live und feierten den ersten brasilianischen Oscar. Am 13. März startet „Für immer hier“ in den deutschen Kinos.